Wieviel Risiko ist gut für Dich?

Volatilität

Da fummelst Du jetzt schon seit Tagen an Deiner Excel-Tabelle rum und kommst einfach nicht weiter.

Gehe ich All-in mit dieser Aktie oder investiere doch lieber einen breitgestreuten ETF?

Alles auf einmal kaufen oder besser über die Zeit per Sparplan?

Vielleicht ist Betongold doch die sicherere Nummer?

Und so grübelst Du fröhlich vor Dich hin und versuchst Dein Portfolio bis auf die letzte Nachkommastelle zu optimieren. Schließlich willst Du die maximale Rendite rausholen.

Aber irgendwie hast Du das Gefühl, dabei etwas zu übersehen. Überall sind Bäume, aber wo ist dieser verdammte Wald?

Und weißt Du was? Dein Bauchgefühl hat Recht! Das Geheimnis Deines langfristigen Anlageerfolges ist weder das Resultat Deiner einzelnen Investitionen noch Deines Market-Timings.

Dein Erfolg hängt in erster Linie davon ab, ob Du die Antwort auf diese harmlose Frage findest:

Wieviel Risiko ist gut für Dich?

Ich lade Dich auf eine gemeinsame Reise ein, um die Antwort auf diese Frage zu suchen.

Auf der Tour gehe ich darauf ein:

  • Warum Du Dich mit den Shit-Hits-The-Fan und Panic-Button-Szenarien auseinandersetzen musst;
  • Das sich Dein langfristiger Vermögensaufbau um drei Anlageklassen dreht;
  • Welche Renditen Du dort erwarten kannst und welche Risiken Du dafür in Kauf nehmen musst; und schließlich
  • Wie Du Deinen perfekten Risikomix findest.

Und ganz am Ende wirst Du in Dich gehen und Dich fragen:

Bin ich eine Aktie oder bin ich eine Anleihe?

Stechen wir in See

Bevor Du Deine Kapitänsmütze aufsetzt, müssen wir noch kurz den weitläufigen Begriff des Risikos eingrenzen.

Bei Investitionen gibt es alle möglichen Risiken. Die Latte reicht von Mietausfallrisiken bei Immobilien, über Diversifikationsrisiken bei Aktien, bis hin zu gesetzlichen Risiken in Form von Steueränderungen.

Aber wenn wir zwischen „risikoreichen“ und „sicheren“ Investitionen oder Anlageklassen unterscheiden, dann geht es um die Volatilität (Schwankungsbreite). Je mehr der Wert einer Investition (z.B. einer Aktie) schwankt, desto volatiler ist sie und desto risikoreicher gilt sie.

Oder in anderen Worten: Mehr Volatilität bedeutet eine raue See, in der Du vielleicht auch ans Ziel kommst, aber auf dem Weg dorthin das halbe Deck vollreiherst.      

Die ideale Investition bringt Dir eine maximale Rendite bei gleichfalls minimaler Volatilität. Dein perfektes Portfolio stellst Du Dir so zusammen, dass der Cocktail aus Rendite und Schwankungsgrad genau Deinem Risikoprofil entspricht.

The shit hits the fan…

Wenn Du Deinem Portfolio einige Jahrzehnte Zeit gibst zu wachsen, und Dir sicher bist, nicht an die Kronjuwelen ranzumüssen, dann kann Dir die Volatilität erst mal wurscht sein.

Die Wertsteigerung Deiner Investitionen kann linear steigen, wie die Kinderrutsche auf Heiermanns Lieblingsspielplatz, oder gezackt sein, wie der Ausdruck des EKGs bei seiner Geburt. Es muss Dich nicht interessieren. Hauptsache, am Ende deckt sich Dein tatsächliches Vermögen mit Deiner Erwartung, egal ob es dazwischen eine Achterbahnfahrt war.

Normalerweise lässt sich der Zeitpunkt gut planen, an dem Du an Dein investiertes Vermögen kommen musst. In den Jahren vor Deiner Rente kannst Du von Anlageklassen mit hoher Volatilität in schwankungsärmere umschichten. So vermeidest Du von einer Krise überrascht zu werden und im Alter Linsensuppe statt Kaviar löffeln zu müssen. Solch eine Umschichtung ist Standard bei den meisten Bank- und Versicherungsprodukten für die Altersvorsorge. Das passt also.

Aber es gibt für den langfristig orientieren Investor zwei große Gefahren bei hoher Volatilität:

  1. Wenn Du an die Kohle dringend ranmusst, ist gerade nicht viel da. Die Märkte liegen am Boden (nennen wir es das Shit-Hits-The-Fan-Szenario).
  2. Die hohen Schwankungen (nach unten) versetzen Dich in Panik. Du versilberst Dein Portfolio zu Tiefstpreisen und realisierst (Papier-) Verluste (nennen wir es das „Panic-Button-Szenario“).

Beide Probleme sind nicht ohne, wobei ich das erstere noch für den zahmeren Tiger halte.

Wenig Kerzenschein und viel Prosecco

Es gibt viele Szenarien, in denen Du von heute auf morgen Dein langfristig angelegtes Vermögen liquidieren müsstest.

Die Ehe läuft nicht rund und es kommt zu einer hässlichen Scheidungsschlacht. Oder die Ehe läuft so gut, dass aus einer romantischen Nacht mit wenig Kerzenschein und viel Prosecco Drillinge entstehen. Vielleicht stehst Du auch endlich mal Deine Frau und geigst Deinem Chef so richtig die Meinung – und überstehst so die nächste Restrukturierungswelle im Unternehmen nicht.

Egal ob Fortuna Dir übel mitspielt oder es selbstgemachtes Leid ist: Du kannst in die Situation kommen, Deine teuren Investitionen billig verramschen zu müssen.

Kann passieren, muss aber nicht. Beim Shit-Hits-The-Fan-Szenario muss schon ein Schicksalsschlag mit einer besonders schlechten Marktlage überlappen.  

Wann kommt der kleine Schlingel um die Ecke?

Für mich ist die größte Gefahr von Volatilität die Panik von uns Privatinvestoren.

Selbst das robusteste, am besten diversifizierte Portfolio, hilft Dir nichts, wenn Du bei den ersten Kanonenschüssen die Segel streichst.

In jeder Krise lässt sich das gleiche Schauspiel beobachten. Die Aktienkurse purzeln. Das Depot färbt sich tiefrot. Die negativen News überschlagen sich. Panik setzt ein. Jetzt heißt es Verluste begrenzen. Alles muss raus!

Und genau zu diesem Zeitpunkt trennen sich viele Privatanleger von ihren Investitionen und realisieren die Verluste, die sie eigentlich auch aussitzen könnten. Oder vielmehr aussitzen sollten.   

Um in einer ausgewachsenen Finanzmarktkrise nicht den Schwanz einzuziehen, muss man schon ganz schön dicke Eier haben – um es mal rein physisch zu betrachten.

Deine langfristige Rendite hängt also nicht an der Auswahl einzelner Investitionen oder Produkten. Du musst vielmehr Dein Portfolio der verschiedenen Anlageklassen so zusammensetzen, dass Du Dich mit dem Risiko wohl fühlst und in schwierigen Zeiten nicht den Panic-Button drückst.

Crashs gehören zur Börsen-DNA und der nächste Rumms wird mit Sicherheit kommen. Nur verrät der kleine Schlingel nicht, wann er um die Ecke kommt.

Deine Aufgabe ist es daher, Dich für den Moment der Momente zu wappnen.

Du musst Deinen Risikoappetit einschätzen können und Dein Portfolio dementsprechend aufbauen.

Die drei Damen von der Tankstelle

Wenn wir über langfristigen Vermögensaufbau sprechen, gibt es eigentlich nur drei Asset-Klassen, die sich über die letzten 100+ Jahre bewährt haben:

  • Staatsanleihen (kurzfristige und langfristige)
  • Aktien
  • Immobilien

Das war’s.

Den ganzen anderen Modeschnickschnack wie P2P, Kryptos oder Crowdgedöns kannst Du gerne mit in Dein Vermögensportfolio mischen. Vielleicht bereitet es Dir ja Freude. Brauchen tust Du es nicht. Tagesgeld und Konsorten nehme ich hier mal außen vor, da es sich dabei um keine Investition, sondern parken von Liquidität handelt.

Alle drei Anlageklassen bringen Dir laufende Erträge (Investment Income) in Form von Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen. Darüber hinaus bringen Dir Aktien und Immobilien auch noch Wertzuwächse (Capital Gains) in Form von Kursgewinnen und Preissteigerungen.

Deine Kunst ist es nun den richtigen Mix aus diesen drei Anlageklassen zu finden. Jede einzelne hat ihre Vorteile und Tücken.

Im Folgenden gehe ich kurz auf die drei Kameraden ein. Dabei greife ich auf Daten aus dem Working Paper „The Rate of Return on Everything, 1870-2015“ zurück, der bis dato wohl größten Datensammlung über historische Renditen (auch wenn die Daten nicht ganz unumstritten sind). Das Paper an sich und meine Erkenntnisse daraus habe ich Dir im Artikel „Warum Du in den Aktienmarkt UND Immobilien investieren solltest“ aufgearbeitet. Bei den Renditen handelt es sich immer um reale Renditen, d.h. die Rendite nach Abzug der Inflation.

Staatsanleihen – das bescheidene Mütterchen

Anleihen sind zinstragende Wertpapiere – also ähnlich einem Kredit (Fremdkapital). Im Normalfall bekommst Du Zinsen während der Laufzeit und am Ende Deine Asche zurück.

Staatanleihen gelten als sichere Anlageklasse. Ich beziehe mich hier auf Staatsanleihen bester Bonität, also mit der geringsten Ausfallwahrscheinlichkeit. Du kannst davon ausgehen, Dein investiertes Geld wirklich wiederzusehen. Der zahlbare Zins ist in der Regel fix und daher weißt Du worauf Du Dich einlässt.

Auch wenn ein Tornado durch die Aktienmärkte fegt und eine Rezession Privatinsolvenzen und Unternehmenspleiten nach sich zieht, lässt es Dich erst mal kalt. Deine Kohle landet pünktlich auf dem Konto.

Das ist ja schon mal eine feine Sache.

Doch leider musst Du für diese Sicherheit einen hohen Preis bezahlen. Die historische reale Rendite von kurzfristigen Staatsanleihen liegt bei rund 1% und bei langfristigen bei 2,5%.

Das ist eher mager, wenn Du es mit den wilden Brüdern Aktien und Immobilien vergleichst. Die beiden Jungs bewegen sich in deutlich höherem Terrain – so um die 7% Realrendite.

In den meisten Friedenszeiten war die Risikoprämie – also der Unterschied zwischen sicheren Anlageklassen wie Anleihen und risikoreichen wie Aktien oder Immobilien – relativ stabil um die 4-5% (in den letzten 20 Jahren jedoch eher um die 3%).

Du zahlst also sehr hohe Opportunitätskosten für Deine vermeintlich sichere Investition.

Vermeintlich? Naja, in der Vergangenheit kam es in schwierigen Zeiten immer wieder zu heftigen Schwankungen der realen Anleiherenditen. Gerade bei hoher Inflation gehen sie regelmäßig in den Keller. Und das sind halt leider die Zeiten, in denen es besonders rappelt im Gebälk. Während und nach den beiden Weltkriegen gab es auf Anleihen negative Realrenditen von 5% und mehr.

Die Ausfallwahrscheinlichkeiten mögen niedrig sein, die Volatilität der Rendite kann aber leider in Krisenzeiten erhalten bleiben.  

Aktien – der Ritt auf dem Bullen

Aktien sind Anteile an einem Unternehmen (Eigenkapital). Du partizipierst am Produktivvermögen einer Firma. Und wenn Du mal den ganzen Buchhaltungsfirlefanz rausnimmst, sollte die Rendite Deiner Aktie (Dividende plus Kursgewinne) langfristig den Nachsteuerprofit des Unternehmens spiegeln.

Im historischen Durchschnitt waren das ungefähr 7% (nach Inflation).

Aber Holla, die Waldfee – dieser Durchschnitt hat es in sich! Die Kurse und damit die realen Renditen steigen und fallen munter vor sich hin. Das liegt zu einem kleinen Teil an den tatsächlichen fundamentalen Firmenentwicklungen und zu einem großen Teil an der herdengetriebenen Psychologie der Marktteilnehmer. Also uns.

Selbst in geglätteten 10-Jahres Verläufen gibt es ein munteres Runter und Rauf mit zweistelligen realen Renditen in den 1930ern, 60ern und 80ern und nicht vorhandenen oder sogar negativen realen Renditen während der Weltkriege und in den 1970ern.

Wenn Du in diesen schlechten Zeiten Dein Portfolio liquidieren musstest hattest Du wenig Freude. Einzig die krisenresistenten Dividendenzahlungen bringen etwas Ruhe in den Laden und glätten das Renditeprofil.

Mit Deinen Aktienmarktinvestitionen – sei es in Form von Einzelaktien, ETFs oder aktiv verwalteten Fonds – holst Du Dir die Rendite ins Portfolio.

Der Preis dafür ist ein wilder Ritt auf einem 700-Kilo-Bullen mit eingeklemmten Eiern.

Immobilien – die schöne Unbekannte

Kommen wir zur dritten Anlageklasse. Immobilien sind etwas ganz besonderes.

Laut der Studie liegt die historische reale Rendite mit 7% auf einem ähnlichen Niveau wie bei Aktien. Ob das wirklich so hinhaut wird noch wild diskutiert. Es gibt andere Stimmen, die die reale Rendite eher bei null sehen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen.

Wie dem auch sei, Immobilien fallen auch in die Kategorie der risikoreichen Investitionen. Der Wert einer vermieteten Eigentumswohnung oder auch des Eigenheims schwankt ordentlich. Wir bekommen es nur nicht mit.

Es kämen ziemlich große Preisunterschiede zustande, wenn ich jeden Morgen, Mittag und Abend breitgefächerte Kaufangebote für mein Eigenheim einholen würde. Einen Tag kommt ein Spitzenangebot von einem Liebhaber meines sexy Reihenmittelhauses rein. An anderen Tagen ist das Wetter so gut, dass alle im Schwimmbad sind und keiner die Butze haben will.

Aber so funktioniert das nicht bei Immobilien. Diese Transparenz, die am Aktienmarkt Gang und Gäbe ist, haben und brauchen wir nicht. Immobilien werden fast immer langfristig gehalten. Deshalb checken wir auch nicht stündlich auf Immoscout24, ob ein neues Inserat für eine vergleichbare Immobilie geschaltet wurde. Es ist uns Schnuppe. Erst wenn wir irgendwann mal an einen Verkauf denken, wird der tatsächliche Wert interessant. Und da jede Immobilie individuell ist, kannst Du den tatsächlichen Wert auch nur durch den Verkauf rausfinden. Alles andere sind mehr oder weniger verlässliche Schätzungen. 

Und genau das ist ein großer Vorteil von Immobilien. Wenn es zu einer handfesten Immobilienkrise kommt, und die Preise purzeln, geraten Investoren nicht so leicht in Wallungen. Die Nummer wird ausgesessen. Im Panik-Button-Szenario bleibst Du locker.

Aber Dein Problem ist das Shit-Hits-The-Fan-Szenario! Wenn Dich Deine bis vor kurzem noch liebende Ehefrau vor die Tür setzt, ist eine Immobilie die wohl denkbar schlechteste Investition. So eine Nummer rückabzuwickeln bringt Dir keine Freude. Die hohen Kaufnebenkosten kannst Du abschreiben und der finanzierenden Bank zum Abschied noch einen ordentlichen Batzen Vorfälligkeitsentschädigung überweisen. Immobilien sind furchtbar illiquide.   

Wer hat die Nase hinten?

So, jetzt schließen wir langsam den Kreis. Die Reise naht sich dem Ende. Der Horizont ist in Sicht.

Wie passen die drei Anlageklassen jetzt in unsere beiden Risiko-Szenarien?

Im Shit-Hits-The-Fan-Scenario sind alle drei Anlageklassen problematisch. In einer Hochzinsphase könnte der Kurs Deiner Anleihen – sowie auch die Aktienmärkte – am Boden liegen. Vor dem Wertverlust durch einen Fire-Sale bist du also nicht gewappnet. Aber zumindest lassen sich die Investitionen schnell und kostengünstig liquidieren. Bei Immobilien gibt es da schon ganz andere Probleme. Hier hast Du einen potentiellen Wertverlust und dazu noch hohe Kosten in Form von Vorfälligkeitsentschädigungen, Makler- und Notargebühren und anderen Schweinereien. So einen Verkauf wuppst Du auch nicht mal eben in einer Woche. Es brauchst Zeit.    

Im Panic-Button-Scenario sieht die Nummer ganz anders aus. Hier bist Du mit Anleihen und auch Immobilien auf der sicheren Seite. Wenn es in diesem Märkten zu Stress kommt, muss es Dich nicht auch gleichzeitig stressen. In diesem Szenario sind die Aktien unsere Sorgenkinder. Wir erleben es auch jetzt gerade, wie eine normale Marktbereinigung schon ausreicht, um Medien und Anleger in Panik zu versetzen. Viele Investoren versilbern jetzt schon ihre Anteile, obwohl noch gar nicht viel passiert ist.

Wir können also festhalten, dass Anleihen die risikoloseste Assetklasse sind (soweit keine Überraschung), während Aktien und Immobilien je nach Situation die Nase hinten haben.

Ich lade Dich zum Mittag ein

Wie findest Du jetzt Deinen idealen Asset-Mix? Bei dem Du langfristig die maximale Rendite rausholst, ohne dabei zwischendurch die Nerven zu verlieren?

Eine gute Nachricht kann ich Dir direkt mit auf den Weg geben. Dein Mittagstisch ist heute für umme! Denn es gibt tatsächlich ein „free-lunch“ bei Investitionen. Ich rede von der Diversifikation. Also lieber viele Wachteleier im Körbchen statt einem großen Straußenei. (Gilt übrigens auch für Dein Einkommen).

Du solltest Deine Investitionen über mehrere Anlageklassen verteilen und auch innerhalb dieser Klassen breit streuen. Aber wie gewichtest Du sie?

Eher risikoreich – volle Pulle Aktienmarkt und nur am Rande einen Anleihen-ETF mit einem Schnaps Tagesgeld? Oder alles in die eigenen vier Wände und für teuer Geld das Traumeigenheim kaufen? Vielleicht bist Du auch der Sicherheitstyp und fühlst Dich mit einem risiko-konservativen Portfolio am wohlsten. Man weiß ja nie.

Bist Du eine Aktie oder eine Anleihe?

Um Deinen perfekten Portfoliomix zu finden, musst Du jetzt in Dich gehen und ein paar grundlegende Fragen klären:

  • Wie lang ist Dein Anlagehorizont? Je länger er ist, desto risikoreicher kannst Du investieren, da über lange Zeiträume Volatilität eine immer geringere Rolle spielt.
  • Wie risikotolerant bist Du? Bleibst Du selbst im Inferno eines Aktienmarkt-Crashs gelassen wie ein Shaolin-Mönch oder neigst Du zur Panik? Je risikofreudiger Du bist, desto risikoreicher könntest Du investieren – und damit Deine langfristige Rendite erhöhen.
  • Und zu guter Letzt: Bist Du eine Aktie oder eine Anleihe?

Bitte? Was soll das denn jetzt heißen?

Lass mich Dir erklären, was ich damit meine.

Westend oder Darmstadt?

Diese letzte Frage wird häufig übersehen, ist aber für Deinen perfekten Risikomix von großer Bedeutung.

Nehmen wir zwei extreme Beispiele:

  1. Du bist Trader bei einer spezialisierten Investment-Boutique im Frankfurter Westend. Auf Dein bereits ansehnliches Grundgehalt kommt noch ein fetter Zielbonus oben drauf. Wenn Du performst, verdienst Du unglaublich viel Geld. Greifst Du ins Klo, wirst Du schneller gefeuert als Dein Sportwagen von null auf hundert beschleunigt. Wenn Du so ein Typ bist, dann bist Du eine Aktie. Volles Risiko, hohe Rendite.
  2. Vielleicht bist Du aber auch Beamter in einer Behörde in Darmstadt. Das Gehalt ist ok, die Pension gut und wenn Du nicht gerade im Lack-und-Leder-Kostümchen den Tacker Deiner Vorgesetzten klaust, bist Du auch auf der sicheren Seite. Du solltest unbeschadet das Rentenalter erreichen. In diesem Fall wärst Du eine Anleihe. Wenig Risiko, sichere Rendite.

Wenn Du eine Aktie bist, dann sollte Dein Portfolio eher konservativ sein. Dein Job bringt schon genug Risiko und potentielle Rendite mit sich. Wenn Du Deine Anstellung verlierst, willst Du nicht auch noch um Dein investiertes Vermögen bangen.

Als Typ Anleihe sieht die Sache anders aus. Hier kannst Du mit Deinen Investitionen schon mal mehr Gas geben! Dein Job bringt Dir die nötige Stabilität, um auch mal einen größeren Markt-Crash durchzustehen. Die fehlende Rendite Deines Jobs holst Du Dir durch risikoreichere Investitionen.

Soweit die Theorie. In der Realität sieht die Nummer leider oft anders aus. Der typische Beamte ist nicht gerade bekannt für die Risiko-Affinität (sonst wäre er wohl Trader geworden) und vice versa. Aber das soll Dich nicht davon abhalten, dieses wichtige Kriterium bei Deiner Portfoliozusammenstellung mit einzubeziehen.

Und wie sieht´s bei mir aus?  

Ein bisschen Finanzpornographie schieben wir noch schnell mit rein. Die Zusammensetzung des Finanzglück-Portofolios sieht aktuell so aus:

Was fällt Dir dabei auf?

Mit 65% in Immobilien ist diese Anlageklasse stark übergewichtet. Die Cash-Position ist mit 3% sehr klein. Es befinden sich keine Anleihen im Portfolio.

Ich muss zugeben: Das ist nicht wirklich ideal. Aber lass mich erst mal versuchen, mich selbst in die Kategorien oben einzuordnen.

  • Mein Anlagehorizont ist lang – vielleicht für ewig. Ich beabsichtige bis auf weiteres nicht meine Investitionen zu liquidieren. Aber (!) bei mir steht auch, wenn alles gut läuft, in nicht allzu ferner Zeit ein Abschied aus dem aktiven Erwerbsleben an. Dann fällt mein aktives Einkommen weg und ich baue zu einem großen Teil auf passives Einkommen aus meinen Investitionen.
  • Meine Risikotoleranz ist hoch. Zumindest glaube ich das. Ich halte mich für eine coole Sau, wenn es um Volatilität geht (aber welcher männliche Investor unter 50 tut das nicht…). Im letzten Aktienmarktcrash 2009 war ich mit fünfstelligen Beträgen investiert und es juckte mich nicht. In der nächsten Krise wird es deutlich mehr sein. Schauen wir mal.
  • Bin ich eine Aktie oder eine Anleihe? Schwer zu sagen. Wirklich schwer. Ich sehe mich doch eher als Anleihe, da ich einer festen Anstellung nachgehe und mit 39 Jahren in der Blüte meiner Karriere stehe. Selbst wenn ich entlassen werden würde, dürfte es nicht schwer sein, ohne große Gehaltseinbußen einen alternativen Job zu finden.

Wieviel Risiko ist gut für Dich?

Ich empfinde meinen Immobilienanteil als zu hoch. Das war so nicht geplant. Die beiden Wohnungen kaufte ich 2011 und sie haben sich einfach gut entwickelt. Das Eigenheim war keine rein finanzielle, sondern auch eine Lifestyle-Entscheidung. Immobilieninvestitionen sind auch immer große Klumpeninvestitionen (und auch Klumpenrisiken; außer Du investierst in REITs).

So wie mir dürfte es vielen gehen. Im Kraut-und-Rüben-Ansatz ist das Portfolio irgendwie über die Zeit gewachsen. Eine wirkliche Diversifikationsstrategie findest Du weit und breit nicht. Das ist nicht gut. Wenn ich mein Vermögensportfolio noch mal von Grund auf neu gestalten könnte, würde es anders aussehen.

Mein Fokus wird daher in den nächsten Jahren (neben dem Schuldenabbau) auf dem Aufbau des ETF-Portfolios liegen, während ich parallel die Cash-Position ausbaue. Anleihen sind aktuell (noch) nichts für mich, aber das kann ja noch kommen.

Hier geht es jedoch nicht um mich, sondern um Dich.

Wir sind am Ziel angekommen. Trotz der epischen Länge dieses Beitrages bist Du nicht von der Reling gehopst. Jetzt kommen wir zum schwierigen Teil.

Du möchtest Deinen perfekten Portfolio-Mix finden. Überlege Dir anhand der drei Fragen oben wie Dein Risikoappetit aussieht. Anschließend wähle aus den Anlageklassen Deinen persönlichen Mix, mit dem Du nicht der Versuchung des Panik-Buttons erliegst und im Shit-Hits-The-Fan-Szenario einigermaßen über die Runden kommen würdest.

Ich hoffe dieser Beitrag hilft Dir dabei, Deine Risiken besser in den Griff zu bekommen und die Antwort auf die wichtigste Investment-Frage zu finden:

Wieviel Risiko ist gut für Dich?

Hast Du noch Fragen oder Anmerkungen? Wie sieht Dein Anlage-Mix aus? Bist Du eine Aktie oder eine Anleihe? Ich freue mich schon auf Deinen Kommentar!


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27 Kommentare

  1. Zumindest wenn man ein mehr oder weniger freistehendes Objekt hat, ist es sinnvoll, Grundstücks- und Gebäudewert zu trennen. Für den Grundstücksanteil findest Du jährlich aktualisierte und sehr belastbare Daten in den Bodenrichtwertkarten. In einigen Bundesländern gibt es die online und sogar kostenlos “BORIS”.

    Für den Gebäudeteil würde ich so vorgehen wie Nico: Erstellungspreis minus 2% jährlich. Aber die 2% sind eigentlich nicht die Inflation, sondern für die Abnutzung und auch Veralterung (Haustechnik aber auch Geschmacksänderungen, Stichwort Badezimmerfliesen…). Wenn Du Instandhaltungsrücklagen gebildet hast (freiwillig oder weil Du in der Eigentümergemeinschaft das tun musstest), erhöhen sie den Marktpreis um genau diese Summe. Wenn Du renovierst oder modernisierst, schlägst Du die Investition auf den Restwert auf und schreibst es ab dann mit ab.

    Zweite Möglichkeit: Wenn es eine vermietete Immobilie ist, nimm die erzielte Jahresnettomiete und schaue nach dem Kaufpreisfaktor (Vervielfältiger) für die Gegend. Früher waren häufig Werte um die 20 angesagt, d.h. das Objekt ging für das 20-fache der Jahresmiete über den Tisch. Der Kehrwert davon – hier 5% – ist denn die erwartete Bruttorendite vor allen Kosten. In gefragten Gegenden (und das sind im Moment fast alle) geht es aber über die 20 hinaus bis weit in die 30er hinein.

    Wäre nur so zum Beispiel jemand glücklicher Besitzer zweier Eigentumswohnungen am Prenzlauer Berg mit jährlichen Nettomieteinnahmen von 8.640 €, dann käme er bei einem Faktor von 30 auf einen Wert von 259.200 €. Ich meine allerdings gehört zu haben, dass in solchen Gegenden inzwischen mehr als Faktor 30 gezahlt wird.

    Damit wird es für einen potentiellen Käufer allerdings eng: Bei einer Bruttorendite von um die 3% musst Du schon mit sehr geringen Kosten und sehr geringen Erwartungen an Deinen Ertrag und vor allem der Hoffnung auf munter weiter steigende Preise kalkulieren.

    Noch eine: Man schaut, zu welchen Quadratmeterpreisen vergleichbare Wohnungen in dem Viertel verkauft werden und hat schnell eine ungefähre Bandbreite. Geht einfach und schnell über Portale, genauer über die Kaufpreissammlungen der Gutachterausschüsse. Die basieren nämlich ebenso wie die Bodenrichtwerte auf echten Preisen von tatsächlich geschlossenen Verträgen. Sie werden bei den Notaren abgezapft.

    Als Ergebnis hast Du drei mehr oder weniger unterschiedlicher Werte. Die letzten beiden liegen meist näher zusammen und der erste viel weiter weg, insbesondere nach einer Boomphase in einer Boomgegend in einer (zumindest was die Immobilien angeht) boomenden Stadt.

    Welchen nimmst Du? Der vorsichtige Kaufmann würde (und müsste) immer mit dem niedrigsten kalkulieren und hätte damit die schon erwähnten stillen Reserven aufgebaut. Der Immobilienmakler würde immer den höchsten nehmen, 15% draufschlagen und auf volle Hunderttausender aufrunden. Die Bank bei der Beleihung den niedrigeren der letzten beiden, dann intern 20% Sicherheitsabschlag kalkulieren und Dir auf der Basis 80% zu ihren überall groß angepriesenen Normalkonditionen anbieten. Na klar, gegen 1% Aufschlag gibt’s auch die 100. Unter Freunden. Wenn Du es hingegen vorzeitig Deinem Patenkind überschreiben möchtest, nimmst du den Einheitswert von 1935 und versuchst das Finanzamt davon zu überzeugen, dass wegen des maroden Gesamtzustandes darauf noch 40 % Abschlag angemessen wären. Erfolglos allerdings.

    Und welchen nimmst Du nun? Das kommt ganz drauf an, was Du vorhast und wem Du was verkaufen willst…

    Viele Grüße
    Guido (der nicht in der Immobilienwirtschaft tätig ist und auch keine Vermietobjekte besitzt)

  2. Hi Nico,
    super Artikel die du in deinem Blog schreibst.
    Bin seit einigen Wochen begeistert als Leser dabei.
    Eine Frage; wie bewertest du deine Immobilien in der Aufstellung deines Portfolios:
    Kaufpreis – Restschuld oder
    Aktueller angenommener Marktpreis – Restschuld

    1. Hi Christoph,

      herzlich Willkommen! Tja, die Bewertung ist so eine Sache. So wirklich sauber mache ich das nicht. Ich nutze den Kaufpreis plus eine jährliche Inflation von 2%. Damit sind die Immobilien in meiner eigenen Bilanz deutlich unterbewertet. Es gibt also stille Reserven :). Ich sollte mal überlegen eine Anpassung an Marktpreise vorzunehmen oder zumindest eine teilweise Anpassung. Bei den beiden Berliner Wohnungen hatte ich das vor Jahren schon mal gemacht. Aber mit ca. 100.000 Euro “Buchwert” sind sie immer noch mindestens 50.000 niedriger als der Marktwert.

      VG, nico

  3. Christoph Leichtweiss von YPOS erklärt recht gut, warum die gesetzliche Rente eine Anleihe ist: Einfach mal googeln! Gerald Hörhan dagegen argumentiert recht schlüssig, warum die eigene Immobilie kein Vermögenswert ist (ich glaube, er war‘s… der Wesir hat das aber auch schonmal gebracht, wenn ich mich nicht täusche).

    Hier tun sich dann GEWALTIGE tektonische Verschiebungen bei der Asset allokation auf ?

    Je nachdem wie man rechnet kommt man zu diametral gegensätzlichen Anlageentscheidungen!

    Höchst interessant finde ich dann auch noch den Einwurf von Thorsten Polleit, warum Staatsanleihen kein ethisches Investment sind https://amp.wiwo.de/finanzen/geldanlage/intelligent-investieren-staatsanleihen-ein-unmoralisches-angebot/21011300.html

  4. Hallo Nico,
    zur Zusammensetzung des Finanzglück-Portofolios (” •39% Eigenheim, •32% ETF-Portfolio, •26% Eigentumswohnungen, •3% Cash”):
    Da Du ja seit vielen Jahren als Angestellter beschäftigst bist und in die Rentenkasse eingezahlt hast, ergeben sich Rentenansprüche.
    Beispiel:
    Du hörst jetzt auf als Angestellter zu arbeiten. Sobald Du 70 bist, erhältst Du Geld aus der Rentenkasse bis zu Deinem Tod (aktiver Nichtraucher -> 90 Jahre), sagen wir 1500 € netto monatlich.
    Das sind dann 20 x 12 x 1500 = 360.000 €.
    Diese stehen unter dem Vorbehalt, dass der Deutsche Staat ab 2058 noch zahlungsfähig ist. Insofern sind die 360.000 € wie eine deutsche Staatsanleihe zu sehen.

    M.E. bist Du (wie ich auch) ausreichend in dieser Assetklasse investiert.

    VG Ingmar

    1. Moin Ingmar,

      das ist ein interssanter Vergleich – die Rente als Anleihe. Könnte man so sehen, nur das diese Anleihe derzeit ziemlich illiquide ist 🙂

      Aber Du hast schon recht das es über die genannten Vermögensgegenstände noch weitere Assets gibt. Das sind neben den Ansprüchen aus der gesetzlichen Rente noch meine Betriebsrente sowie mein größter finanzieller Fehler. (Letzterer ist sogar liquide).

      VG, Nico

  5. Moin Bergfahrten,

    warum sollte ein Eigenheim nicht zum Vermögensportfolio zählen? Dass es ein Vermögenswert ist lässt sich wohl nicht bestreiten (wie liquide Investitionen sind hängt immer von der jeweiligen Anlageklasse ab). Ein Eigenheim zahlt Dir auch eine laufende Rendite in Form einer Mietersparnis. Und wenn Du jetzt am Ende des Monats Dein Geld „investierst“, dann kann eine Sondertilgung auf Deinen Immobilienkredit (risikolose Nachsteuerrendite in Höhe des Kreditzinses) oft interessanter sein als z.B. eine Investition in Anleihen oder ETFs. Für mich gilt daher ein Eigenheim genauso als Investition bzw. Vermögenswert wie eine vermietete Wohnung oder auch mein Aktienmarktportfolio.

    VG, Nico

    1. Hallo Nico,
      also ich denke rein rechnerisch geht es nun um die Eierlegendewollmilchsau. Du erhöhst dein Vermögen und kalkulierst eine fiktive Mietersparnis. Ich habe tatsächlich geringe Lebenskosten weil ich keine Miete im Eigentum bezahlen muss. Cash in der linken Tasche oder rechten Tasche ergibt das selbe. Mein persönlicher alter 100 jähriger Bauernhof hat natürlich einen Wert, aber den vermiete oder verkaufe ich nicht weil ich den privat nutze. Aber du hast recht, wenn ich ein “Unternehmen” wäre müsste ich ihn in der Buchhaltung berücksichtigen. Als private Person halte ich es aber eher wie Pipi Langstrumpf – ich rechne mir die Welt wie sie mir gefällt ?
      Liebe Grüße aus dem Weinviertel
      Bergfahrten

  6. Hallo Nico,
    danke für deinen unterhaltsamen Beitrag. Ja, man muss sich selbst erkennen wie seine Finanzen verteilt werden sollen – da stimme ich dir voll bei. Bei deiner eigenen Zusammensetzung des Portfolios hast du dein Eigenheim eingerechnet? Hier stimme ich dir nicht zu, wo ich wohne ist quasi kein Investment. Oder anders gesagt, Immobilien sind wie du sagst schwer zu verkaufen. My home is my Castle würde ich meinen, daher zählt mein Wohnsitz nicht zum Portfolio.
    Mein persönliches Portfolio liegt hier bei… https://bergfahrten.com/berichte/
    Viele Grüße
    Bergfahrten

  7. Eine Frage zu deiner Portfoliogewichtung bzgl. deines Hauskaufs:
    Warum habt ihr damals nicht das komplette ETF-Portfolio liquidiert und damit den EK-Anteil für eure Immobilie erhöht?
    Ich müsste jetzt mal Excel anwerfen, aber vom (extrem trügerischen) Bauchgefühl würde ich sagen: Lieber bin ich schnell schuldenfrei und zahle weniger Zinsen an die Bank und baue beim Erreichen der Schuldenfreiheit ein ETF Portoflio wieder auf, als das ETF-Portfolio zu halten und länger Zinsen an die Bank zu zahlen inkl. dem Risiko, dass nach der Zinsbindung die Zinsen höher liegen.
    Da müsste man mal die Glaskugel befrage, welche von beiden Herangehensweisen zum Renteneintritt eine bessere Rendite abgeworfen hätte.

    Was sagt dein (trügerisches) Bauchgefühl?

    1. Hi Oliver,

      ich hatte damals tatsächlich fast mein gesamtes Aktienmarktportfolio liquidiert. Die Absicht war dann tatsächlich auch den EK Anteil hoch zu halten. Aber ich wollte auch noch einen großen Risikopuffer halten, da ich nicht einschätzen konnte, wieviel wir ggf. noch in das Haus investieren müssen. Die gesamten Renovierungskosten waren dann aber nur rund 1.000 Euro (die Bude war echt in Schuss!). So konnte ich den Puffer nach einem Jahr oder so wieder investieren. Dazu kam dann noch das reguläre Einkommen meines Jobs um ein neues ETF-Portfolio aufzubauen.

      VG, nico

  8. Hallo Nico,

    Ich gehöre wohl zu den Risikofreudigeren. Ich habe eine Zeitlang per Sparplan gespart (ETF) und mich dann dagegen entschieden, aus folgendem Grund:
    Zum Einen kostet der Sparplan und zum Anderen fühlt es sich an, als würde ich irgendwas auf Raten abstottern (das habe ich tatsächlich vor einigen Jahren noch gemacht). Heißt, es fühlt sich an, als würde ich da etwas kaufen, was ich mir eigentlich nicht leisten kann. Das ist ein blödes Gefühl, deswegen habe ich damit schnell wieder aufgehört.
    Zum Anderen halte ich ETFs für nicht sonderlich renditefreundlich. Ich hab einen in meinem Depot und es ist die einzige Position, die fett im Minus steht. Da bin ich echt froh, dass ich da nicht noch mehr Geld reingesteckt habe. Ein anderer Grund ist auch, dass ich es als Anfängerin schwer verstanden habe. Ich habe in den Finanzblogs geschaut und sah nur: KSH01-R2D2 MR4H41 KabungaKabunga W123W dieses Jahr um 8% gestiegen! — Okay, das ist jetzt echt überspitzt , aber so kam es mir vor. Ich dachte mir nur: WTF. Kuriose Produktbezeichnungen von Indizes, von denen ich keine Ahnung hatte, was sie heißen. Also habe ich diese Beiträge getrost übersprungen und lieber alles andere gelesen. Einzelaktien verstehe ich sehr gut, halte sie für sicherer und renditefreundlicher. Heute denke ich, statt ein iShares-Produkt zu kaufen, sollte ich lieber das Geld in BlackRock reinstecken.
    Einzelaktien halte ich also für ziemlich sicher, wenn es sich um gute Firmen handelt. Was soll bitte an Apple oder Microsoft riskant sein? Hab beides im Depot; auch vor Tech-Firmen-Übergewichtung wird gewarnt. Aber was soll daran bitte riskant sein? Die Digitalisierung ist nicht mehr wegzudenken. Es wird Firmen geben, die diese Sparte bedienen MÜSSEN, weil es nicht anders geht. Darein muss das Geld und es ist ziemlich sicher, weil es nicht mehr ohne geht. Soweit ich weiß, besitzt auch Buffett keine ETFs.

    Viele Grüße
    Anna

    1. @ Anna:
      Aber Buffet empfiehlt seinen Nachkommen 90 % seines Volumens in einen s&P500 ETF zu stecken – den Rest Tagesgeld / kurze Treasurys zu stecken.

      1. Ich weiß, dass er das empfiehlt, aber es gibt einen Unterschied zwischen sagen und tun.

        Dazu fallen mir ein (reales) Beispiel ein (ich habe es bei Instagram aufgeschnappt, Elly Smallwood heißt die Frau):

        Eine junge Künstlerin, die es geschafft hat, wird oft gefragt, was sie dazu gemacht hat. Das ist, was sie getan hat: Sie hat ein halbes Jahr auf dem Trockenen gesessen, musste sich Pommes klauen, um etwas zu essen zu haben und hat Tag und Nacht gemalt, um irgendwie durchzukommen. Sie wusste nicht, wie es morgen weitergeht. Nach 6 Monaten gab es die ersten Käufer.
        Das ist, was sie anderen rät: Such dir einen sicheren Job und fang an, nebenher zu malen und zu verkaufen, sodass du abgesichert bist, aber trotzdem weiter daran arbeitest.

        Sie hat also ihren eigenen Rat nicht befolgt, und es ist sonnenklar, warum: Sie will nicht dafür verantwortlich sein, wenn jemand ihren “riskanten” Weg geht und auf die Nase fällt, denn diese Möglichkeit besteht in hohem Maße.

        Genauso ist es bei Buffett. Er macht das, was funktioniert, aber weil das “riskant” sein kann und er sich nicht schuldig / verantwortlich fühlen will, rät er anderen, lieber den renditeärmeren Weg zu gehen. Um den Großen zu folgen, muss man tun, was sie taten und nicht das tun, was sie sagen. Allerdings immer auf eigenes Risiko 😉

        1. Hallo Anna,

          Nette Geschichte –
          Ich glaube Buffet hat eine andere Motivation den o.g. Rat zu erteilen.
          Die Performance seiner Anlagen liegt in den letzten Jahren nicht mehr so gut, wie noch in den Jahrzehnten zuvor. Könnte es nicht sein, das er so langsam erkennt, wie schwer es ist den Markt zu schlagen?
          ?

  9. Lieber Nico,

    Ich schätze Deine Blogbeiträge wirklich immer sehr und bin froh, nach einer Verschnauf- und Kontemplationspause auf Deiner Seite wieder “neuen” Content von Dir zu hören und lesen. Was ich vor allem schätze ist die sprachliche Aufbereitung. Dein Schreibstil ist echt großartig und ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass Du mit einem Buch wie Finanzwesir oder Madame Moneypenny aufgrund Deiner sprachlichen und literarischen Begabung definitiv eine große Fangemeinde finden würdest. Einfach ähnlicher Content in anderen Worten verpackt. Ich bin sicher, dass Du Dir für den aktuellen Artikel echt wieder viel Zeit genommen hast und via Familie und Freundeskreis sicher auch eine Rezension stattgefunden hat. Einfach großartig!

    Deine Assetallokation ist sicher eher die sportliche Variante. Auf der anderen Seite wirst Du als Immobilieninvestor bei der nächsten Krise ein Dach über dem Kopf haben und ziemlich sicher auch weiterhin Mieteingäng für die Annuität verbuchen können. Die Frage ist ja: auf welche Art und wie oft nimmst Du eine Bewertung Deiner Immobilien vor, wie berücksichtigst Du die Restschuld. Auf jeden Fall hast Du da kein tagesaktuelles Online-Depot mit minütlich festgestellten Preisen und möglicherweise tiefroten Zahlen.

    Als ich Deinen Artikel gelesen habe, stellte ich mir die Frage: was sind die bedeutendsten Untrachiede zwischen Anleihen und Festgeld. Hier bin ich auf diesen Beitrag gestoßen: https://www.tagesgeldvergleich.net/ratgeber/festgeld-anleihe.html.
    In diesem Sinne beinhaltet meine Assetallokation auch keine Anleihen (-ETFs), sondern als RK1 so Komponenten wie Festgeld, BSV und PRV (ich möchte nicht über Kosten, steuerliche Effekte, Flexibilität, Sinn oder Unsinn debattieren, ist halt auch eine Art Zwangssparvertrag der konservativen Sorte).

    Herzliche Grüße,
    Pete

  10. Hallo, Nico.

    Du hast leider gar keine Ahnung. Wahrscheinlich hast du noch nie eine richtig gute Linsensuppe gegessen. Du tust mir leid.

    Dafür ist der Artikel sonst sehr gelungen.

    Viele Grüße
    Garnix

    1. Moin Garnix,

      von Dir hätte ich jetzt aber einen ganz anderen Kommentar erwartet. Wenn ich mich nicht irre gehst Du volle Pulle, mit allem was Du hast, in nur eine Aktie (die außer Dir sonst auch kaum jemand kennt). Da brauche ich Dir mit dem ganzen Diversifikationsgewisch hier gar nicht zu kommen, oder?

      VG, Nico

      1. Moin Nico,

        ich bin da nicht widerspruchsfrei, das stimmt. Für Kollegen, die mit Kommer für sich den heiligen Gral entdeckt haben, passt das alles auch. Sparplan aufgesetzt und fertig. Kann man machen.

        Endet da die Geschichte? Nee, für mich nicht. Alles eine Frage des Anspruchs und der Neigungen.

        Ich kann heute mit einem sehr vertretbaren Zeitaufwand ein sagen wir mal O’Shaughnessy Value Composite Two Depot in Kombination mit einer Momentum Strategie aufsetzen, das in 45 Jahren Backtests auf eine annualisierte Rendite von 21 % kommt und dabei zu allem Überfluss auch noch eine etwas geringere Volatilität aufweist als die passenden Benchmarks.

        Problem: massenkompatibel ist das nicht. Der initiale Recherche- und Umsetzungsaufwand für so was ist vermutlich irgendwo jenseits von 2.000 Stunden anzusiedeln, wenn man schnell liest. Nebenbei muss man auch noch ein bisschen Geld in die Hand nehmen. Und ein Datenbankfetisch und ein kleines privates Rechenzentrum schaden auch nicht.

        Anmassend wie ich bin sehe ich folgende “Bewusstseinsstufen” im Aktien-Kontext:

        0) Aktienauswahl nach Bauchgefühl, keine eigene Due Diligence, ein halber Zeitungsartikel und eine halbgare Empfehlung reichen für ein Investment

        1) Dividenden-Renditen – Rente mit Dividende und so was – nicht wahnsinnig rational dafür aber beruhigend für die geschundene Aktien-Seele

        2) Index/ETF-Sparen – immerhin schlage ich jetzt die meisten Asset-Manager, habe Zeit für die Familie und bin d’accord mit Kapazitäten wie Kommer, Finanzwesir usw.

        3) Gebert Börsenindikator – erster Schritt in die Welt der Eierköpfe. Irgendwie schräg und abstrakt. Dafür weniger Volatilität und etwa doppelte Performance (> 13 % p.a.) bei sehr geringem Aufwand

        4) 1.000 und 1 Quant-Strategien – ich habe die Levermann und noch 21 andere Quant-Autoren gelesen und bin jetzt selbst ein halber Eierkopf. Renditeerwartungen basierend auf laaaaangen Backtestperioden jenseits von 20 Prozent. Benjamin Grahams Fair Value Modell habe ich nebenbei und eigenhändig in die Neuzeit überführt. Der eigene Server quietscht und schwitzt regelmäßig

        5) Buffett, der alte Haudegen, behauptet nachwievor und heute leichter als jemals zuvor 50 % Rendite p.a. einfahren zu können, wenn er arm wäre und nur Kleingeld hätte (< 10 Mio USD). Munger hat ihm beigebracht, sich von Graham zu lösen und großartige Unternehmen zu fairen Preisen einzukaufen. Alle Firmen, die es nicht wert sind, mindestens 20 % seines Vermögens zu investieren, sind Zeitverschwendung. Due Diligence bis ins Eingemachte und so lange bis es irrational wird, nicht hoch einzusteigen.

        Das ist nur meine unbedeutende Sicht auf die Aktien-Welt, die mich übrigens in den letzten beiden Monaten so was um die 170 k€ an Networth gekostet hat. 🙂

        Völlig legitim und nachvollziehbar, auf den skizzierten Stufen 1 oder 2 stehen zu bleiben und möglichst viel Abstand zum von dir beschriebenen Panic-Button zu wahren.

        Viele Grüße
        Garnix

  11. Moin, moin Aengste kann man auch ablegen/hyposensibilieren, oder?
    Angst vor Spinnen ist nicht existenziell. Angst vorm Fliegen geht auch.
    Angst vor marktbreit investierenden ETFs oder zu geringer Quote davon kann „teuer“ werden?!
    Zinsbasierte Anlagen? Immos zu „Neuer Markt“-Preisen?
    Lieber so wenig wie geht davon! Was mag in 15-20 Jahren sein? Weiss keiner. Aber gibt‘s dann viel Zinsen? Wieviele wohnen in D? Wo wohnen diese (Stadt/Land/Fluss)? Je nach dem positionieren und Glueck gehoert auch dazu.

  12. Hallo Nico,
    ein schöner und differenzierter Artikel – hat mir Spaß gemacht, ihn zu lesen. Ich persönlich investiere – als langfristig orientierter “Buy-and-hold”-Anleger – schwerpunktmäßig in ein weltweit diversifiziertes ETF-Portfolio. Überwiegend in Aktienindizes, ein wenig Anleihen und Rohstoffe als Beimischung. Immobilien gibt es bei mir nur in Form von ETFs. Gerade selbstgenutzte Immobilien sind ja auch – wie Du schreibst – eine Lifestyle-Entscheidung. Ich persönlich bin – was einen Eigenheimerwerb angeht – skeptisch. Für mich ist das ganze ein finanzielles Klumpenrisiko mit unsicherer Renditeprognose (vor allem bei den aktuellen Kaufpreisen in Metropolregionen) und deutlichen Flexibilitätsnachteilen. Aber: Da hat jeder (zu Recht) seine ganz persönlichen Gründe und Sichtweise.
    Freue mich schon auf das Treffen am 24.11.!
    Beste Grüße,
    Andreas

  13. Hi Nico,

    glaubst Du, dass die “Anleihen” (Beamten) in der Regel relaxt genug sind, in einer Krise nicht den Panic Button zu drücken? Ich habe da etwas Zweifel, wenn ich daran denke, wieviele Kommilitonen damals wegen der Sicherheit in den Staatsdienst gegangen sind…

    Als “Aktie” (im Management eines Konzerns) fahre ich jedenfalls ca 70% Aktienquote – und fühle mich auch in den letzten Tagen wohl damit!

    Gabs eigentlich noch mal Infos zum Lesertreffen – Zeit, Ort, etc? Oder habe ich durch meinen Urlaub da irgendwas an Mails verpasst?

    1. Hi Thorsten,

      wie gesagt, die Realität sieht oft anders aus.

      Das Lesertreffen am 24.11. steht und ich kann jetzt schon sagen: Die Hütte wird voll! Es haben sich auch der einen oder andere Blogger angemeldet. Die Woche vor der Veranstaltung kenne ich dann die genaue Personenzahl und werde dementsprechend etwas reservieren (zentral in Frankufurt). Ich schicke dann die E-Mail mit den Details an alle die sich angemeldet haben. Wer übrigens noch Bock hat zu kommen ist gerne eingeladen!

      VG, Nico

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