Freitagsfrage: Soll ich mein Geld wie Nassim Taleb investieren?

Nassim Taleb investieren

Willkommen zur Freitagsfrage!

Hier geht es wieder mal um Deine Meinung. Ich gebe eine kurze Einleitung zu einer konkreten Frage. Dann übernimmst Du die Show.

Heute geht es eine alternative Investmentstrategie.

Hier passiert was ganz Großes!

Eines meiner Lieblingsbücher ist Antifragilität* von Nassim Taleb. Kaum ein Buch hat meinen Blick auf die Welt so verändern können. In meinen Buchempfehlungen beginnt meine Kurzrezension daher auch mit den Worten: „Nach den ersten hundert Seiten setzte die Erkenntnis ein: Ja leck mich am Arsch, hier passiert gerade was ganz Großes!“.

Antifragilität ist das Lebenswerk des Tausendsassas Taleb, wo auch seine vorherigen Werke wie Narren des Zufalls* oder Der Schwarze Schwan* drin aufgehen. In dem Buch gibt er uns Tipps aus den verschiedensten Disziplinen mit auf dem Weg, wie wir in einer Welt voller Zufälle und Ungewissheit gestärkt hervorgehen. Medizin, Freiheit, Glück, Ethik… und eben auch Finanzen. Genauer gesagt, dem Investieren.

Darüber ist auch Leser Paul gestolpert.

10% volle Pulle

Paul hat sich durch die Bücher Narren des Zufalls und Der Schwarze Schwan gearbeitet und ist maximal verwirrt. Denn der Inhalt passt so gar nicht zu dem, was er sonst bei Finanztip, Gerd Kommer, dem Finanzwesir oder anderen seriösen Quellen, liest.

Nassim Taleb wettert gegen die Moderne Portfoliotheorie (optimalen Rendite durch Diversifikation) und spricht uns Anlegern gänzlich die Kontrolle über unsere Investitionen ab.

Spannend wird es bei Talebs Empfehlung, wie wir unser Geld anlegen sollten (so handhabt er es angeblich selbst auch):

90% risikolose Staatsanleihen und 10% Hochrisikoinvestitionen.

Mit etwas Glück versteckt sich in diesen 10% eine Goldgrube. Und wenn nicht, dann habe ich zumindest kaum was verloren.

Leser Paul fragt:

Ich bin verunsichert. Was kann ich daraus für meinen eigenen Vermögensaufbau lernen? Warum spricht da niemand drüber?

Soll ich mein Geld wie Nassim Taleb investieren?

Die Freitagsfrage!

PS: Hast Du eine Frage, die Dir unter den Nägeln brennt? Dann schicke mir eine Nachricht. Vielleicht eignet sie sich als Freitagsfrage – so kannst Du vom geballten Wissen der Finanzglück-Community profitieren. Wir lösen gemeinsam Dein Problem.

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13 Kommentare

  1. Hallo Paul,

    schöne Frage für einen Talebianer, die ich mir vor einiger Zeit ganz genauso auch gestellt habe. Schlussendlich habe ich eine sehr überzeugende Antwort darauf beim Finanzwesir gefunden, die sich wirklich mit allen wichtigen Aspekten auseinandersetzt. Hier der Link dazu: https://www.finanzwesir.com/blog/taleb-hantel (Spoiler: Für uns Normalos letztlich nicht empfehlenswert).

    Viele Grüße,
    Peter

  2. Ein spannendes Thema!

    Taleb hat sicher Recht, wenn er empfiehlt Aktien und US-Staatsanleihen in einem Portfolio zu halten. Das ist eine seit Jahrzehnten bewährte Methode um das Portfolio-Risiko und – Votalität zu reduzieren, die vielen Retail-Investoren gar nicht bekannt ist.

    Das schöne an Aktien und US-Staatsanleihen ist nämlich, dass ihre Kurse zwar beide langfristig (Jahre – Jahrzehnte) einem Aufwärtstrend folgen, aber kurz- und mittelfristig (Tage – Monate) negativ korreliert sind: Wenn es zu einem negativen, makroönomischen Ereignis (es muss nicht gleich ein schwarzer Schwan sein) kommt, fallen meist die Aktien während die Anleihenkurse steigen. Damit sind die Schwankungen in einem Portfolio, das Anleihen und Aktien hält, meist kleiner als ein Portfolio, das nur aus Aktien oder Anleihen besteht.

    Man kann diesen Effekt natürlich nutzen um sein Portfolio zu schützen. Man kann auf Basis dieser Risikoreduktion aber auch durch Leverage rendite-starke Portfolios bauen, die in Summe nicht mehr Risiko als reine Aktienportfolios haben. Darüber schreibe ich auf meinem Blog: https://www.mcgeld.de/2021/05/24/wie-2-etfs-40-rendite-bringen-spekulation

    Zur sogenannten “Antifragilität” selbst:
    Hier hat Taleb ein nettes Schlagwort gefunden, aber ob etwas antifragil ist, weiß man meist erst nach einem Crash. Systeme, die als antifragil gelten, sind häufig nur resistent gegen eine oder wenige Art von Stressoren, aber sicherlich nicht gegen alle. Das Beispiel mit den Restaurants wurde schon genannt: Ein einzelnes Restaurant ist anfällig gegen viele allgemeine Geschäftsrisiken (z.B. fehlende Kunden) während aber eine Restaurantkette robuster gegen manche Risiken ist. Aber ein neuartiger Stressor kann die ganze Kette in die Insolvenz treiben, wie wir gerade mit der Corona-Pandemie erleben dürfen.

    Letztlich hilft nur der Rat über möglichst unterschiedliche Assets zu streuen, so dass bei einem schwarzen Schwan irgendeines überleben wird, auf dem man neu aufsetzen kann.

    1. Uff, die Strategie in deinem Blogartikel ist mir zu heiß. So ganz Taleb scheint sie mir auch nicht zu sein, da der Risikoanteil weit über die 10% hinausgeht (und auch langlaufende Anleihen das Zinsumkehrrisiko haben).

      Ansonsten kann ich deiner Beobachtung zu Antifragilität nur nicken.

      1. Ja, im Sinne von Taleb ist die Hebelung sicher nicht und ich halte auch nur ca. 1% meines Kapitals darin. Ich würde die Strategie aber nicht fahren, wenn ich nicht die Taleb’sche Risikominimierung als Basis hätte.

  3. Hallo zusammen,

    spannende Diskussion! Ich persönlich tue mir ein wenig schwer damit zu spekulieren. Es entspricht nicht meinem Naturell. Wenn ich mir von der Seitenlinie die ganze Action am Krypto-Markt anschaue, bin ich froh, dort nicht investiert zu sein. Kopfmäßig könnte ich dann glaube ich nicht abschalten. Ich suche eine Geldanlage, die mir hohe Renditen bringt und die auf Autopilot läuft. Das trifft auf jeden Fall auf einen ETF-Sparplan zu und in meinem Fall auch für meine Immobilieninvestitionen.

    Davon mal abgesehen kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass man mit 10% Spekulationsanteil die Minderrendite von 90% Staatsanleihen wieder rausholt. Da muss ich ja fest davon ausgehen, dass ich die nächste Tesla-Aktie finde oder den Bitcoin-Aufschwung mitnehme. Vielleicht funktioniert dieser Ansatz im aktuellen Niedrigzinsumfeld auch einfach nicht mehr, weil das Delta zwischen Anleihe- und Aktienmarktrenditen so groß geworden ist.

    Es wäre interessant zu sehen worin Taleb tatsächlich investiert und wie er in den letzten Jahrzehnten mit der Strategie gefahren ist.

    VG, nico

  4. Die gleiche Frage habe ich mir auch nach der Lektüre von Talebs Werken gestellt. Außerdem sind Albert Warnecke und Andreas Beck allem Anschein nach auch Anhänger von Taleb, deren Portfolios ähneln jedoch in keiner Weise Talebs 90/10 Ansatz.

    Für mich habe ich es so beantwortet: Das investieren in breite Indices ist antifragil, da Märkte antifragil sind. Taleb stellt dieses Prinzip selber so dar: Ein einzelnes Restaurant ist fragil. Es kann scheitern und verschwinden. Der Restaurantresktor ist dadurch antifragil, da er anpassungsfähig ist.

    Bin gespannt auf weitere Kommentare! 🙂

    1. in der Tat, in einer Tabelle irgendwo im Buch ordnet er Eigenkapital auch als antifragil ein, Schulden als fragil. Andererseits warnt er dann auch wieder vor Mittelpositionen (er liest angeblich Klatschpresse und anspruchsvolle Literatur, aber hält sich von Sachen dazwischen fern). Tja, und ist ein Finanzwesirsches Aktien-ETF-Portfolio eine Mittelposition?

  5. Ich frage mich, ob bei einem Schwarze-Schwan-Szenario die Staatsanleihen wirklich ganz risikofrei sind: Wenn die apokalyptischen Voraussagen der Crash-Propheten eintreten und z.B. der Euro untergehen sollte oder wir eine Inflation im zweistelligen Bereich wie Argentinien bekommen, dann könnte man vermuten, dass auch Staatsanleihen in Mitleidenschaft gezogen werden. Überversicherung hat zudem hohe Opportunitätskosten während all jener Jahre oder Jahrzehnte, in denen der schwarze Schwan nicht eintrifft. Mit 60 bin ich wohl deutlich älter als die meisten Foristen hier und habe daher schon einige Krisen / Umschwünge gesehen, hatte außerdem einen Großvater, der das Kaiserreich, den ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Nazidiktatur, den 2. Weltkrieg, die DDR und die frühe Bundesrepublik erlebt hat: Wenn der schwarze Schwan wirklich kommt, dann ist wahrscheinlich der Aktienmarkt unser geringstes Problem, und Diversifikation hat noch nie geschadet, sondern immer genutzt.

    1. Vermutlich hatte Taleb US-Staatsanleihen im Sinn, die haben sich ja schon ein paar Jährchen bewährt. Und siehe mein Kommentar zu Timo bezüglich Versicherung — nach Talebs Verständnis soll diese Versicherung im Ernstfall tatsächlich zum Ausgleich aller Opportunitätskosten und noch viel mehr führen, also im besten Sinne antifragil sein. Die Frage ist, wie das konkret ausgestaltet werden soll…

      Das mit dem Großvater ist allerdings interessant, hat er darüber erzählt wie er all die Zeit überstanden hat? Er muss ja zumindest robust gewesen sein 🙂

    2. Hallo Max,

      toller Kommentar, der uns alle mal wieder etwas erdet :). Alles halb so wild, wenn mal ein kleiner Abschwung oder eine Krise kommt.

      VG, nico

  6. Naja, ich finde man muss schon ein klein wenig in die Mathematik bzw. Wahrscheinlichkeit dahinter gehen.

    Das ETF Portfolio, oder sagen wir das weltweite Aktienportfolio ist halt einigermaßen stetig nach oben unterwegs. Aber es gibt auch immer mal wieder Phasen wie z.B. 1929, 2001 oder 2007 wo es mal kräftig für längere Zeit in die miesen geht. Andererseits ist das immer noch ein Investment in die gesamte Weltwirtschaft. Solange Menschen dinge kaufen wird es Unternehmen geben die Dinge Produzieren und damit Gewinn machen.
    Also wenn ein schwarzer Schwan den globalen Aktienmarkt hinwegfegt haben wir sehr Wahrscheinlich größere Sorgen als unser Geld. Oder wir haben den perfekten Sozialismus und brauchen sowas wie Geld nicht mehr.

    Und bei Taleb geht es ja in den 10% nicht um gestreutes Investment sondern um das was Kostolany Spekulation nennt. 100% Verlustrisiko, 1000%+ Gewinnchance. Wenn 1% dieser Spekulationen aufgeht (wenn ich mich recht entsinne geht Taleb auch von nicht viel besseren Chancen aus) sind das aufs Portfolio gesehen 10%. Damit damit die 7-8% des Aktienmarktes geschlagen werden muss also im Schnitt jedes Jahr eine dieser 1000% Wetten aufgehen.

    Und jetzt muss jeder für sich entscheiden. Hat man das Wissen (und das Geld) um diese Wetten eingehen zu können (diese finden häufig abseits des Aktienmarktes statt)? Hat man die Zeit sich in einen Bereich so intensiv einzuarbeiten das man dort solche Chancen erkennen kann? Oder sagt man sich, dass ein breit gestreutes Portfolio nicht vielleicht doch für einen persönlich der bessere Weg ist?
    Übrigens, investieren mit Hebel ist hier kein Workaround. Dadurch steigt das Verlustpotential über 100% und die Chancen verschieben sich.

    1. > Naja, ich finde man muss schon ein klein wenig in die Mathematik bzw. Wahrscheinlichkeit dahinter gehen.

      Das fällt mir daran schwer, ist es doch Taleb, der aufzeigt, dass vergangene Daten nur so lange für die Zukunft taugen, bis sie es plötzlich nicht mehr tun.

      > Und jetzt muss jeder für sich entscheiden. Hat man das Wissen (und das Geld) um diese Wetten eingehen zu können (diese finden häufig abseits des Aktienmarktes statt)?

      Und hier ist mein Problem Nr. 2, denn Taleb bleibt hier sehr vage, was konkret zu tun ist.

      Er erwähnt seinen Kumpel Mark Spitznagel von Universa Investments L.P., die “Versicherungen gegen Marktrisiken” anbieten. In den Artikeln auf deren Seite (https://www.universa.net/tailhedging.html) erzählen die von 3% des Vermögens bei denen anlegen um gegen große Markteinbrüche abzusichern und den Rest in den S&P 500, das wäre anderen Strategien wie “Markt outperformen” und “Aktien mit sicheren Anleihen mischen” überlegen. Das Prinzip wäre, starke Abwärtsbewegungen abzufedern, also kein Geld zu “verlieren”, und damit den langfristigen Zinseszins zu heben.

      Klingt eher nach Option für große Geldinhaber als für Leute wie mich.

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