Willkommen zur Freitagsfrage!
Hier geht es wieder mal um Deine Meinung. Ich gebe eine kurze Einleitung zu einer konkreten Frage. Dann übernimmst Du die Show.
Heute geht es um das heiraten aus höchst unromantischen Gründen.
Heiraten wegen der Erbschaftsteuer?
Finanzglück-Leserin Simone kaut schon seit Jahren auf einer Fragestellung herum, für die sie im Bekanntenkreis keine Blaupause findet. Deshalb hat sie sich hilfesuchend an die Finanzglück-Community gerichtet. Es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn wir Simone nicht helfen können.
Ohne große Einleitung gebe ich heute direkt das Wort an Simone weiter
Mein Partner und ich sind nicht verheiratet und haben zwei gemeinsame Kinder mit gemeinsamem Sorgerecht. Wir leben in einer abbezahlten Immobilie, die einem von uns (sagen wir Partner A) gehört (und weiterhin gehören soll). So weit so schön.
Die Situation, die uns Sorgen macht, ist, dass Partner A verstirbt. Neben dem menschlichen Verlust käme das Problem hinzu, dass die Immobilie durch die gesetzliche Erbfolge an die beiden Kinder vererbt würde, und nach unserem Verständnis Partner B ab diesem Zeitpunkt an die Kinder Miete (für sich selbst und die Kinder) zahlen müsste.
Eine Vererbung per Testament an Partner B wäre zwar möglich, würde aber durch hohe Erbschaftsteuern bestraft, weil der Freibetrag hier nur bei 20.000 EUR liegt.
Daher haben wir angefangen, uns mit einer Heirat “der (Erbschaft-)Steuer wegen” zu beschäftigen. Der dazugehörige Ehevertrag würde dann eine modifizierte Zugewinngemeinschaft vorsehen, die im Scheidungsfall Gütertrennung und im Todesfall Gütergemeinschaft vorsieht, und vermutlich eine erbschaftssteuerfreie Vererbung der Immobilie an Partner B ermöglicht.
Auf den ersten Blick handelt es sich sicher um die Kategorie “Luxusproblem”, für Partner B ergibt sich aber, Stand jetzt, im Todesfall von Partner A das Problem, finanziell nicht abgesichert zu sein (und andererseits recht vermögende Kinder zu haben).
Es würde mich brennend interessieren, was andere Menschen davon halten, und insbesondere, ob es Menschen gibt, die in einer ähnlichen Situation tatsächlich geheiratet haben. Ich fühle mich unverheiratet wohl und frage mich auch, ob sich gefühlsmäßig bei diesen Menschen etwas geändert hat?
Jetzt musst du ran
Puh… Gar nicht so einfach. Jetzt bin ich aber gespannt wie ein Flitzebogen, ob hier guter Rat aus der Community kommt.
Sollte Simone wegen der Erbschaftsteuer heiraten?
Die Freitagsfrage!
Wir haben ein ähnliches Problem, obwohl wir verheiratet sind. Aus bestimmten Gründen ist festgelegt, dass im Todesfall von Partner A das Haus an die Kinder fällt. Gelöst haben wir das Problem mit einem Eintrag ins Grundbuch. Hier ist ein lebenslanges Nießbrauchsrecht von Partner B vereinbart. Die Kinder wären also im Fall des Falles zwar vermögend, hätten aber bis zum Ableben von Partner B keinen Mehrwert daraus. Potentielle weitere Kinder von Partner B können an diesem Erbe dann auch keinen Anteil haben.
Wir haben geheiratet, als meinem Mann Arbeitslosigkeit drohte und ich die Steuervorteile für seine Versorgung nicht verlieren wollte. Das war eine rationale Entscheidung und hatte mit den Gefühlen nichts zu tun. Daß wir zusammen bleiben wollten, stand schon vorher fest. Das hat funktioniert, demnächst steht die Silberhochzeit vor der Tür. Einen Ehevertrag haben wir trotzdem gemacht und Gütertrennung mit verschiedenen Modifikationen bei der Altersversorgung für den Fall der Scheidung getroffen. Getreu dem Motto, in guten Zeiten zu regeln, worüber man in schlechten Zeiten nicht mehr reden kann.
Letztlich kann man aber nie alles perfekt regeln, Unerwartetes passiert immer mal. Wenn man sich aber versteht und Kinder hat, finde ich, dass die Ehe kein schlechtes Konzept ist.
Steuervorteile allein sollten nicht den Ausschlag geben, stören aber nicht.
Liebe Simone,
Ich lebe als Frau in derselben Konstellation. Das „nicht-heiraten-wollen“ geht dabei hauptsächlich von mir aus, aus gleichen Gründen wie bei dir. Im (eigentlich so modern-liberalen) Freundeskreis und der Familie diskutiere ich nicht mehr über dieses Thema, umso schöner, dass man anscheinend im Internet rational darüber sprechen kann!
Wie schon in einigen Kommentaren geraten, würde ich das Haus an die Kinder vererben und den Partner über ein Vermächtnis lebenslangen Nießbrauch einräumen. Dieses erlischt auch nicht, wenn die Kinder das Haus verkaufen sollten, sondern bleibt auch bei neuem Eigentümer bis zum Tod des Niessbrauchnehmers bestehen.
Gleichzeitig eine Risikolebensversicherung abschließen. Um hier die hohen Steuern zu umgehen, sollte man „über Kreuz“ versichern, aber das sollte jeder kompetente Versicherungsmakler wissen.
https://www.raklinger.de/testament/testament-unverheiratet-mit-kindern/
Gibt einen sehr guten Überblick, aber eine Beratung bei einem Fachanwalt halte ich für wichtig!
Wir leben zur Miete, jedoch habe ich durch Erbe/Sparen/Börsengewinne ein
6-stelliges Vermögen, welches meine Kinder erben würden und damit sehr gut abgesichert sind. Mein Partner hat (noch) kein nennenswertes Vermögen, bekommt in meinem Toderfall aber eine gute Summe aus der RLV. In seinem Todesfall würde ich die Summe aus der RLV bekommen und habe eben auch noch mein Vermögen, um die Kinder sorgenfrei großziehen zu können. Wir sichern uns also auch ohne Ehe ab durch:
– Risikolebensversicherungen
– Beide Berufsunfähigskeitversicherung
– Alle Familienmitglieder haben Unfallversicherungen zusätzlich mit Waisenschutz und Zahlungen im Todesfall
– Gut bezahlte, sichere Berufe; beide gehen gleichberechtigt arbeiten und zahlen in Rente ein und sorgen somit für sich selbst vor
Steuervorteile sind nicht so bedeutend, wenn beide annähernd gleich verdienen. Um die Hinterbliebenenrente aus dem Versorgungswerk wäre es schade, aber sollte ich morgen eine todbringende Diagnose bekommen, würde ich wahrscheinlich deswegen noch heiraten. Wenn ich morgen gegen den Baum fahre, ist das Geld halt weg….und Halb-Waisenrente gibt es auch ohne Heirat…
Ich bekomme wirklich einiges an Gegenwind für dieses Lebensmodell, bin aber überzeugt, dass wir alles gut und fair geregelt haben und sowohl Tod, schwere Krankheit und Trennung keinen in den Ruin stürzen. Zudem habe ich viel über Recht etc gelesen. Wie das bei den frisch verheirateten Paaren in meinem Freundeskreis in einigen Jahren aussieht, wird sich zeigen….
Liebe Grüße!
Tja, warum sind wir nicht verheiratet, oder heiraten nicht einfach, das ist wohl tatsächlich die Kernfrage hier.
Persönliche Freiheit geht in die richtige Richtung, in Form von “sich des anderen nie völlig sicher sein”. Außerdem sind wir bis jetzt so ganz gut gefahren, und ein bisschen Trotz oder Widerstand gegen das Establishment ist vielleicht auch dabei. Alles nicht so die rationalen Gründe, aber eine Heirat stur rational zu sehen ist angesichts der Bedeutung, die ihr gesellschaftlich zugewiesen wird, auch nicht so einfach.
Außerdem ist die Ehe nicht nur ein Vertrag zwischen 2 Menschen, sondern eben auch dem Staat, und diesen Vertrag durchschaue ich in seiner Komplexität zu wenig, um ihn entspannt unterschreiben zu können. Zumindest bei dem Punkt hilft wohl in der Tat eine notarielle Beratung. Und dann müssen wir abwägen, was uns wie wichtig ist.
Hallo Simone,
ich würde eine Frage vornewegstellen: Wenn nichts dagegen spricht zu heiraten, warum tust du es nicht einfach?
Es gibt ja gute Gründe nicht zu heiraten (persönliche Freiheit, etc.). Wenn du solche Gründe hast, dann musst du nach einer Alternative suchen – und eine hohe Risikolebensversicherung ist schon mal ein erster Schritt.
Aber einfacher ist es doch einfach zu heiraten. Es muss ja weder eine große Zeremonie sein, noch muss jemand davon erfahren. Es ist nur eine Sache zwischen dir und deinem Mann. Die Vorteile der Absicherung und steuerlichen Ersparnis sind offensichtlich. Es wird, bzw. muss, nichts in eurem Verhältnis ändern, sondern ist eine rein rationale Entscheidung, die auch wieder umkehrbar ist, wenn ihr euch nicht mehr verstehen solltet.
Meine Heirat war eine große Party (die mir sehr viel Freude bereitet hat), hat aber nichts im Verhältnis zu meiner Frau geändert. Der große Unterschied war die Geburt unserer Kinder. Das ist das Einzige, was uns beide für immer verbinden wird (entweder in der Ehe oder aber auch getrennt). Der Eheschein selbst spielt keine Rolle.
Ich bin schon gespannt, wie ihr beide euch entscheiden werdet.
Liebe Grüße
Nico
Leider hat Simone hier nicht geschrieben, warum sie bis jetzt nicht geheiratet haben. Eine Heirat macht ja mit Kindern vieles einfacher. Deshalb nehme ich an, dass es gute Gründe dagegen gibt.
Der Weg mit dem Wohnen in der Immobilie der Kinder scheint mir aber auch zu kompliziert gedacht. Aber da ist glaube ich doch ein Anwalt der bessere Fachmann. Aber denke, es wäre auch im Interesse der Kinder mit ihrer Mutter dort zu wohnen. Geht ja nicht nur ums Geld, sondern ums Wohlbefinden der Kinder.
Leider kenne ich auch deren Alter nicht, aber ich gehe einfach mal von unter 10 aus.
Manche sehen in einer Ehe einen heiligen Bund vor Gott. Aber jeder muss selbst entscheiden, was er darin sieht. Wir haben darin einfach nur Steuererleichterungen und gemeinsamen Nachnamen gesehen. Sind nicht religiös. Und im Gesetz steht nichts von Gott, Liebe oder Treue sondern es geht um Steuern, Steuern, Steuern. Vielleicht einfach die Ehe nicht so hoch einschätzen und einfach für die Steuer/Absicherung heiraten, wenn ihr das beide wollt.
Hast du mit deinem Partner mal darüber geredet? Also über deine Soegen, dass Partner A ohne Geld darsteht? Ihr seid doch trotzdem ein Team und solltet es versuchen zusammen zu lösen. Ob durch Heirat, Testament oder sonst was.
Ursprünglich wollte ich nie heiraten, es war mir persönlich einfach nicht wichtig. Als mein Mann und ich dann Kinder hatten, haben wir nach einiger Zeit aber doch geheiratet. Die Gründe waren v.a.: 1) Gemeinsame Immobilie: ohne Hochzeit hätten die Kinder die Hälfte des Verstorbenen geerbt. Lt. unserer Notarin hätte dann bei jeglichen Entscheidungen über die Wohnung (z.B. Verkauf, Vermietung) für die (minderjährigen) Kinder (gerichtlich) ein Ergänzungspfleger bestellt werden müssen, der die Interessen der Kinder vertritt. Das schien uns relativ aufwendig und unsicher. Eine Vererbung an den anderen Partner wäre steuerlich, wie ja auch in der Frage beschrieben, sehr ungünstig gewesen. 2) Stirbt ein Ehepartner, bekommt der Überlebende (unter bestimmten Voraussetzungen) eine Hinterbliebenenrente. Diese Möglichkeit gibt es für unverheiratete Paare nicht.
Für uns ging es also v.a. um die Abwägung, wie wir uns als Familie am besten absichern können (natürlich gibt es hierzu auch weitere Möglichkeiten – Risikolebensversicherung o.ä.). Außerdem war für uns klar, dass wir aufgrund der Kinder sowieso für immer miteinander “verbunden” sind – ob mit oder ohne Hochzeit. Somit war das letztendlich auch irgendwie keine große Sache mehr.
Ansonsten hat sich (gefühlsmäßig) für uns durch die Hochzeit nichts geändert – wir mögen uns nach wie vor 😉
ich schließe mich Punkt 1 von Franzi an, das war bei uns auch ein wichtiger (wenn auch nicht entscheidender) Punkt nach langer wilder Ehe mit Kindern, formell zu heiraten.
Allerdings erben die Kinder bei Tod eines Ehepartners ja nach wie vor einen Teil der Immobilie (50% Ehepartner, 50% Kinder des vererbten Anteils). Deshalb sollte zudem noch ein Testament formuliert werden, bspw. das berühmte Berliner Testament mit einer Ausschlußklausel für den Fall, das ein/die Kind/er beim ersten Todesfall den Pflichtteil einfordern.
Kurzum, Heirat hilft viel, aber löst nicht alles.
Hi Franzi,
danke, dass Du Deine Erfahrung hier teilst. Es freut mich, dass ihr für Euch einen guten Weg gefunden habt!
Simone
Zudem kann man die Absicherung ja auch losgelöst von der Immobilie durch eine Risiko-Lebensversicherung erzielen.
Hi Phil,
das ist ein interessanter Gedanke, den wir bisher nicht hatten.
Danke dafür,
Simone
Also, erstmal ganz pauschal: Ich würde nicht nur wegen der (zu vermeidenden) Steuer heiraten. Bestimmt gibt es Gründe, warum ihr das bis jetzt nicht getan habt – und des Deutschen liebstes Hobby der Steuervermeidung sollte daran auch nichts ändern.
Ich kenne nicht alle Details hierzu und würde mich an eurer Stelle mal von einem Notar beraten lassen (ein erstes Info-Gespräch ist da i.d.R. kostenlos).
Stichworte, die mir hier als Möglichkeiten einfallen: Wohnrecht für den erbenden Partner (muss ja nicht gleich lebenslang sein, man kann das auch begrenzen, z.B. bis die Kinder ein bestimmtes Alter erreicht haben), Nießbrauch, vermutlich gibt es auch Regelungen, bei dem der Partner eine Art “Verwaltung” für die Kinder übernimmt und so lange Wohnrecht erhält.
Es gibt im deutschen Recht eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten, die ihr nutzen solltet.
Noch eine letzte Bemerkung zu einer Unklarheit im Text: Warum sollte der Elternteil Miete für die Kinder an eben diese zahlen? Das ergibt für mich irgendwie keinen Sinn….
Hi Tina,
wir haben nicht geheiratet, weil es dafür bisher schlicht keinen Grund gab. Alle für uns wichtigen Regelungen konnten wir auch ohne Trauschein umsetzen – aber beim obigen Punkt stecken wir fest. Vielleicht bringt uns eine notarielle Beratung da tatsächlich weiter.
Bzgl. Mietzahlung für die Kinder: würde dies nicht erfolgen, wären die Kinder finanziell schlechter gestellt, als wenn die vererbte Immobilie vermietet wird, und Partner B für sich und die Kinder eine vergleichbare Immobilie mietet. Deshalb denken wir, dass das nicht zulässig wäre.
VG, Simone