Freitagsfrage: Schulden tilgen oder investieren?

Schulden tilgen oder investieren

Willkommen zur Freitagsfrage!

Hier geht es wieder mal um Deine Meinung. Ich gebe eine kurze Einleitung zu einer konkreten Frage. Dann übernimmst Du die Show.

Heute geht’s um Deine Schulden.

Eine Frage treibt mich um

In den Kommentaren zum letzten Beitrag gab es eine interessante Frage von Leser Ceelow:

„Ich bin im Moment auch dran meine zweite Wohnung zu kaufen. Die erste ist ein Neubau und recht günstig über eine Bank und die KfW finanziert (1,6% und 0,6% Zins). Meine Tilgung ist bei 2%. Natürlich kann ich auch theoretisch viel mehr tilgen, höre aber immer wieder das dies wenig Sinn macht, da man bei abbezahlten Immos mehr Steuern bezahlt. Jetzt da ich bald Besitzer eine zweiten Wohnung bin und auch diese vermiete, stelle ich mir die Frage, ob ich eine davon nicht komplett abzahlen soll…

Wie handhabst du das? Wie rechnest du dir solche Steuervorteile aus? Was ist deine Intention? Schnell tilgen oder eher langfristig Schulden haben?“

Ceelows Frage habe ich schon öfters gehört – und mir tatsächlich auch selber gestellt.

Bevor wir uns in den Kommentaren unten austoben, möchte ich Dir noch ein paar Gedanken mit auf den Weg geben.

Von einfach bis knifflig

Als treue(r) Finanzglück-Leser(in) achtest Du auf Deine Sparquote und hast im Regelfall einen monatlichen Überschuss.  Mit diesem Betrag kannst Du jetzt zwei Dinge tun (vorhandener Notgroschen vorausgesetzt):

  1. Schulden tilgen – z.B. in Form von Sondertilgungen auf Deinen Immobilienkredit; oder aber
  2. Investieren – z.B. in ein breit gestreutes ETF-Portfolio.

Wenn Du keine Schulden hast, kannst Du Dir die Frage leicht beantworten. Du investierst.

Bei vorhandenen Schulden wird es schon kniffliger. Es kann sinnvoll sein diese zu tilgen, muss aber nicht. Das gilt prinzipiell für alle Arten von Schulden. Aber ich würde mich hier auf Immobilienschulden konzentrieren.

Warum? Weil ich für alle anderen Arten von Krediten (besonders Konsumschulden) immer und ausnahmslos eine schnellstmögliche Tilgung empfehlen würde.

Bei Immobilienschulden können wir noch unterscheiden zwischen Eigenheim und Kapitalanlage. Beim Eigenheim würde ich ebenfalls empfehlen schnellstmöglich die Kredite zu tilgen.

Bei einer Kapitalanlage, wie z.B. meinen beiden Wohnungen im Prenzlauer Berg, sieht die Sache schon anders aus. Hier gibt es nämlich unter anderem den Steuereffekt zu beachten, den Ceelow oben anspricht.

Zahlen und Dänen lügen nicht

Bei vermieteten Immobilien kannst Du Deine Kreditzinsen steuerlich geltend machen. Sie werden als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt. Diese Steuerersparnis würdest Du bei einer (Sonder-) Tilgung Deiner vermieteten Immobilie teilweise verlieren.

Lass uns mal ein kleines Zahlenbeispiel rechnen, um die Effekte besser zu verstehen. Folgende Rechnung ist stark vereinfacht, trifft aber den Kern ganz gut.

Unsere Annahmen für die angedachte Sondertilgung sind:

  • Kreditzins: 3%
  • Persönlicher Steuersatz: 30%
  • Betrag Sondertilgung: 10.000 Euro

Daraus ergibt sich folgendes (alles gerechnet auf ein Jahr):

  • „Bruttorendite“ der Tilgung: 300 Euro (Tilgung x Zins)
  • Steuerersparnis-Verlust: 90 Euro (Tilgung x Zins x Steuersatz)
  • „Nettorendite“ der Tilgung in Euro: 210 Euro
  • „Nettorendite“ der Tilgung in Prozent: 2,1%

In anderen Worten: Die „Bruttorendite“ Deiner Sondertilgung entspricht einer Zinsersparnis von 300 Euro. Diesen Betrag zahlst Du jetzt weniger. Du verlierst allerdings einen Steuervorteil von 90 Euro. Die „Nettorendite“ ist daher nur 210 Euro, was 2,1% Deiner Sondertilgung entspricht.

Wie Naschi-Birne und Lichi

Was sagt uns das?

Wenn Du rein nach diesen Zahlen gehst, dann wäre es rational Dein Geld nicht in die Sondertilgung zu stecken, sondern lieber in eine Assetklasse zu investieren, die Dir eine Rendite von über 2,1% bringt. Das sollten wir mit einem breitgestreuten ETF-Portfolio doch hinbekommen.

Also lieber investieren statt tilgen, oder?

Nicht so schnell!

Rendite ist nicht gleich Rendite. Diese Sondertilgung bringt Dir nicht nur eine Nachsteuerrendite von 2,1%. Sie ist darüber hinaus auch noch risikofrei.

Wir vergleichen also Mangos mit Lichi. Oder Pampelmuse mit Nashi-Birne. Oder… Du weißt schon worauf ich hinauswill. Diese 2,1% Rendite sind so sicher wie das Amen in der Kirche. Dagegen sehen selbst kurzfristige deutsche Staatsanleihen wie Hochrisiko-Junk-Bonds aus. Von einem Aktien-ETF ganz zu schweigen.

Jetzt gehen wir noch einen Schritt weiter.

Die Tilgung beschert Dir nicht nur eine risikolose Nachsteuerrendite. Sie bringt Dir darüber hinaus auch noch einen Schluck aus der Seelenfrieden-Pulle. Wie groß der Schluck ist kommt auf Dich ganz persönlich an. Einige machen beim Gedanken an Schulden nachts kein Auge zu. Andere dagegen berührt es kaum. Unstrittig ist, dass eine komplett abbezahlte Immobilie Deinen Handlungsspielraum erhöht. Du brauchst Dich nicht mehr mit einer Gläubiger-Bank rumzuschlagen, wenn die Kacke am Dampfen ist oder Du die Bude einfach so verkaufen willst.

Jetzt aber…

So, jetzt höre ich endlich auf mit meinem Monolog. In der Freitagsfrage geht es schließlich um Dich.

Die Frage ist komplex. Es kommt neben der reinen Renditebetrachtung auch auf Deinen Charakter an. Dabei gibt es kein pauschales richtig oder falsch.

Ich bin schon gespannt wie ein Flitzebogen Deine Meinung zu dem Thema zu hören. Meinen Senf werde ich in den Kommentaren auch noch dazu geben.

Schulden tilgen oder investieren?

Was ist Deine Meinung?


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37 Kommentare

  1. Gute Kommentare auch wenn der Post schon ein wenig älter.
    Ich denke Immo als Investment würde sehr detailliert von vielen beschrieben. Bei der eigenen Immobilie spielt Liquidität auch eine Rolle. Ich denke die eigene Immobilie ist Konsum, da das eingesetzte Kapital kaum produktiv ist. Ich habe mich entschlossen sonderzugilgen 10% im Jahr dann noch 500€/Monat in mein Dividendenportfolio. Ich denke gerade bei Aktien kommt es auf die Laufzeit an. Daher denke ich ist ein Zwischenmaß sinnvoll. So habe ich in den ersten drei Jahren 30% der Immobilie abbezahlt und auch ein wenig ins eigene Depot stecken können. Die Zinsersparnis bei den letzten 30% der Immobilie ist eigentlich vernachlässigbar. Man muss es sich durchrechnen und dann nach eigenem Ermessen entscheiden. Ein richtig oder falsch gibt es hierbei eigentlich nicht.

  2. Viele interessante Kommentare. Ich selbst werde eine kleine Wohnung zur Kapitalanlage kaufen. Bei ausreichend EK habe ich dennoch eine 100% Finanzierung gewählt.
    Jährliche Tilgung 5%
    Sondertilgung 10.000 € jährlich möglich
    Sollzinssatz 1,11% für 10 Jahre
    Hier muss ich mir nun auch noch überlegen, ob ich die Sondertilgung durchführen soll oder lieber anderweitig investiere.

    Typische Überlegungen wie bereits z.T. genannt:
    – Schuldenfrei sein und schnell tilgen
    – Schneller Direktes passives Einkommen generieren
    – Inflation frisst Kredit auf, sodass keine Sondertilgung notwendig wäre.
    – Alternative Geldanlage am Aktienmarkt mit einer höheren Rendite als dem Sollzinssatz
    – …

  3. Ich verstehe nicht warum viele so sehr darauf bedacht sind beim Eigenheim schnellstmöglich zu tilgen. Mein Kredit fürs Eigenheim hat nur 1,65% Zinsen bei 20 jähriger Sollzinsbindung. Wenn ich mein überschüssiges Geld in den nächsten 20 Jahren statt Sondertilgung in den Aktienmarkt werfe habe ich doch bei 20 Jahren eine höhere Rendite als 1,65%. Natürlich ist das nicht garantiert. Wenn z.B. ein dritter Weltkrieg dazwischen kommt sieht’s anders aus. Aber dann ist sowieso vielleicht wieder Währungsreform etc. Angesagt und alle fangen wieder bei null an. Jedenfalls ist bei mir eher der Seelenfrieden gestört, wenn ich sondertilge und nach 20 Jahren feststelle, dass ich bei Investition in Aktien viel mehr Geld bzw. Rendite rausgeholt hätte als die Zinsersparnis. Aber vielleicht bin ich einfach riskanter veranlagt.

  4. 0,7% ist ja mal ein geiler Zinssatz! Da würde ich am besten gar nichts tilgen 🙂

    Spass beiseite, bei dem Zinssatz besser das Geld nehmen und anders investieren. Tilgung liegt ja eh schon bei ca. 8,5%

  5. Sind alle sehr interessante Kommentare gewesen. Kann den Unterschied zwischen selbst genutzter Immobilie Und vermieteterImmobilie auch gut verstehen.
    Meine Situation:
    Immobilienkredit auf 10 Jahre Volltilgung, 0,7% fest.
    Sondertilgung jährlich 5% möglich. Soll man bei 0,7% wirklich tilgen, auch wenn es die selbst genutzte Immobilie ist? Ich habe da so meine Zweifel. Was meint Ihr?

  6. Was ich bis jetzt in den Kommentaren noch vermisse ist der Effekt der Inflation. Rein theoretisch sollte diese ja einen positiven bzw. schrumpfenden Effekt auf seine Schulden haben. Was meint Ihr dazu?

    1. Ja in jeder Hinsicht rein rechnerisch macht es Sinn lange zu finanzieren und sich das am besten auf 25 Jahre fest schreiben zu lassen. Allerdings wie schon mehrfach gesagt nur zur Vermietung sonst tilgen was geht wenn es selber bewohnt wird. Aber am Ende ist es auch eine Bauchentscheidung den klar hat Mat das auch schon gut auf dem Punkt gebracht ” Ausser dass die Risiken bei Immo-Kauf und Aktien/ETF nicht wirklich vergleichbar sind (Immo= Wert + Miete , Aktie=Crashmöglichkeit)” muss man entscheiden mit was man besser leben kann ich persönlich kann besser mit einem Kursrückgang leben als wenn ich am Boden liege zwecks Jobverlust etc. … und die Bank mir noch im Nacken sitzt weil ich Raten zahlen soll und dann im Zweifelsfall meine selbst bewohnte Immobilie angreifen. Darum selbst bewohnte Immo schnell tilgen und dann was mit ETFs machen. Erstes Gebot bei Aktien ist doch nur investieren wenn man keine Schulden hat wenn man eine selbst genutze Immobilien finanziert hat hat man defakto Schulden egal ob positiv oder negativ das heißt man investiert mit Geld in Aktien was man nicht hat. Wenn einer doch nicht die Finger von Immos lassen kann dann mit 40% rein 10% als Rücklage für ungeplante Ausgaben und den Rest auf 25 Jahre tilgen dann passiert auch bei Jobverlust erst einmal nichts und man nimmt die Inflation (Mieterhöhungen eventuell und eventuelle Gehaltserhöhungen) mit.

      1. Du solltest nicht vergessen, dass 25 Jahre Zinsfestschreibung einen deutlichen Aufschlag zur Folge haben. Ich würde das nicht bezahlen wollen. 10 oder maximal 15 Jahre sind i.d.R. wesentlich günstiger. Und wenn man Angst hat, dass man die Anschlussfinanzierung nach 15 Jahren erfolgreicher Tilgung nicht stemmen kann, sollte man die Bude vielleicht schon im ersten Ansatz gar nicht erst kaufen… Just my 2c

  7. Ich denke die Herangehensweise ist zumindest für mich ganz klar: Kaufste dir nen Haus/ne Wohnung als Nest für die Familie, wird getilgt was vernünftigerweise geht. Vermietest du Immobilien zumindest Semiprofessionell (d.h. absehbar mehr als ein Objekt), dann nutze alle Möglichkeiten der unternehmerischen Gestaltung.

  8. Hallo,

    wenn absehbar ist, dass meine Rendite aus einem Investment – z. B. aus einem ETF-Portfolio – höher ist als meine Schuldzinsen – z. B. für eine Immobilie – würde ich investieren.

    In allen anderen Fällen würde ich zuerst meine Schulden tilgen.

    Dabei sollte auch immer bedacht werden, dass ein Investment auf Kredit recht risikoreich ist, da die derzeit positive Stimmung an den Börsen auch schnell ins Gegenteil kippen kann.

    Schließlich gibt es etliche Experten, die einen Crash am Horizont aufziehen sehen.

    Viele Grüße

    Jürgen

  9. Hallo an alle,

    schon interessant wie verschiedene Ansichten es hier gibt:

    Ich denke ich werde mein Gefühl weiter folgen und jedes Jahr schön Sondertilgen. Die Antworten waren schon richtig für mich, denn was man hat das hat Mann:).
    Da ich relativ gut verdiene generiere ich mir auch beim Kauf einer zweiten Immobilie immer noch nebenher Cashflow.
    Ich werde also somit ruhigen Gewissens einfach weiter Sondertilgen um von dem Batzen runterzukommen. Wer weis was in 7 Jahren bei einer Refinanzierung noch an Darlehenszinsen gibt.

    Was ich aufjedenfall mitnehme ist mir das aber nochmal genau auszurechnen:

    a ) was bedeutet aus steuersicht eine abgezahlte Immo

    b ) und was bedeutet bei niedriger tilgen für meine Kreditzinsen und evtl. Refinanzierung.

    Um das richtig auszurechnen muss ich mich aber nochmal genau reinlesen.

    Danke für die Kommis.

    Grüße

  10. Anderer Ansatz:
    Oben wurden ja die sinkenden Zinszahlungen angesprochen.
    Dem kann man entgegen Wirken:
    Neue Kredite auf die Immobilie aufnehmen, bis das gewünschte Level an Zinszahlungen wieder erreicht ist!
    Mit dem freiwerdenen Kapital kann man dann an “der Börse” gehebelte Produkte kaufen und aus deren Gewinn irgendwann die Kredite ablösen. Anschließend gehts es dann mit nochmehr freiem Kapital von vorne los!

    Hört sich nach einem todsicheren Plan an, oder?

    1. Naja, ausser das die Zinsen nicht steuermindern wirken (vom Sonderfall Betriebsvermögen mal abgesehen).
      Ausser dass die Bank in der Regel ungern Annuitätendarlehen ohne Immobillie vergibt. Ausser dass die Risiken bei Immo-Kauf und Aktien/ETF nicht wirklich vergleichbar sind (Immo= Wert + Miete , Aktie=Crashmöglichkeit).

  11. Und dann gäbe es ja auch noch die Möglichkeit überhaupt nicht zu tilgen und stattdessen die monatliche Tilgung, z.B. in ein ETF-Portfolio zu stecken.

    Ich gehe schonmal in Deckung vor den Steinewerfern die gleich kommen =)
    Das ist etwas für den risikoaffinen und abgesicherten Investor.

    Aktuell bekommt man mit sehr guter Bonität eine 110% Finanzierung für 2,1% auf 15 Jahre.
    Historisch betrachtet sollte ein passives Welt-ETF Portfolio innerhalb dieses Zeitrahmens eine bessere Rendite erwirtschaften als 2,1%, so dass garnicht zu tilgen bzw. erst am Laufzeitende Sinn machen kann, da
    – die Zinsen gleichbleibend hoch sind und kontinuierlich steuerlich geltend gemacht werden können
    – die zur Verfügung stehende Tilgungssumme am Laufzeitende höher ausfallen kann

    Je nach persönlicher Situation und finanzieller Ausstattung kann es sinnvoll sein, eine solche Finanzierung im Immobilien-Portfolio zu haben. Die Liquiditätsquot sollte ausreichend hoch sein, insbesondere wenn es dem Laufzeitende zugeht um im Falle des Aktiencrashes im 14. Jahr nicht aufgeschmissen zu sein.

    1. Das endfällige Darlehen ist aus meiner Sicht sinnvoll wenn man einen hohen Steuersatz hat. Sollte man da im unteren Bereich liegen bringt das nicht viel.

      Besten Gruß

  12. Moin Moin,

    sehr interessante Kommentare soweit!

    Meine beiden Wohnungen sind finanziert mit einem Zinssatz von 4%. Kaum noch vorstellbar in den heutigen Zeiten. Ich könnte jährlich 10% sondertilgen und habe das auch in den ersten beiden Jahren getan, dann aber aufgehört.

    Nach den ersten Mieterhöhungen hatte ich die Tilgungsrate so angepasst, dass die Mieteinnahmen alle erwarteten Kosten (bzw. Geldabgänge) deckt (inklusive Zins, Tilgung, Verwalter, WEG-Rücklage, …). Im Moment gehen rund 50% der Mieteinnahmen in die Tilgung, also ziemlich viel. Ich bekomme monatlich nichts raus, zahle aber nichts drauf, außer es kommt zu unerwarteten Ausgaben. Wenn ich diese Tilgung so durchlaufen lasse, sollte ich mit Mitte 40 durch sein mit dem Thema. Das ist das Alter indem ich angepeilt habe von den Mieteinnahmen und Dividenden zu leben. Dann möchte ich schuldenfrei sein.

    Wenn Cash knapp ist, dann würde ich empfehlen eine Rücklage zu bilden. In meinem Fall brauche ich das aber nicht. Durch die hohe Sparquote kann ich zur Not auch unerwartete Kosten aus dem Gesamteinkommen (Lohn, Mieteinnahmen, Dividenden, Kindergeld…) begleichen. Sollte es mal wirklich happig werden und die Kosten höher sein als mein Notgroschen, dann müsste ich halt ein paar ETF-Anteile verkaufen. Ist auch nicht das Ende der Welt.

    Statt Sondertilgungen zu machen investiere ich lieber in Aktien-ETFs. Es ist beruhigend zu sehen wie ein zweites finanzielles Standbein entsteht, statt nur auf Immobilien zu setzen (indem ich so viel in die Tilgung stecke wie es geht).

    Bei einer 100% finanzierten Immobilie würde ich schnellstmöglich tilgen. Sobald das Schuldenniveau auf ein niedrigeres Niveau gesunken ist (unter 50% des Wertes?) macht es aus Risikosicht auch keinen Unterschied einen Sockelschuldenstand zu halten. Dann ist es irgendwann eine persönliche Vorliebe – Optimierung der Rendite vs. Seelenfrieden.

    Interessant fand ich die Kommentare zum geblockten Kapital durch Sondertilgungen. Die Kohle ist dann nicht mehr liquide und steckt fest im Objekt. Naja, wenn es nur um den Erwerb neuer Immobilien geht, dann sollte es egal sein ob das Eigenkapital in Form von Cash oder Nachrangbesicherung der ersten Immobilie kommt. Das Geld kann also in Form von Kreditsicherheit immer noch verwendet werden (nur das es jetzt halt eine höhere Rendite bringt durch die niedrigeren Zinsen).

    VG, nico

  13. Das ist letztlich eine Frage der persönlichen Präferenzen bei Rendite, Risiko und Liquidität/Flexibilität. Beide Alternativen sind gut, zweifellos um Meilen besser als mit dem Geld ein neues Auto zu kaufen, in der Spielbank beim Roulette alles auf die 23 zu setzten o.ä. Aber wer hier liest kommt ohnehin nicht auf solch dumme Gedanken.

    Was ich bei der Entscheidung noch berücksichten würde, ist der gewünschte zukünftige Cash-Flow: Regelmäßige Mieteinnahmen, die nicht um eine Kreditrate reduziert werden, sind eine sehr gute und solide Basis für ein passives Einkommen. Also würde ich darauf achten, dass die Immobilie zu dem Zeitpunkt abbezahlt ist, wo du vom Arbeitseinkommen unabhängig sein möchtest. (Das gilt natürlich gleichermaßen bei der selbstgenutzten Immobilie. Wenn die Kreditrate wegfällt, sind die monatlichen Fixkosten gleich deutlich niedriger.)

    Sobald du einen Tilgungsplan hast, der das gewährleistet (egal ob über die reguläre Rate oder über Sondertilgungen), kann der Rest in ETFs fließen.

  14. Interessant ist, dass der Frugalist nachdenkt seinen Risikoanteil auf 50% zu senken, während hier vielen dank Fremdkapitaleinsatz ein Risikoanteil von weit über 100% noch zu wenig ist.

    Die Antwort scheint also im Risikobewußtsein, bzw Risikoempfinden zu liegen. Was bei den einen Risiko heisst, heisst bei den anderen Hebel.

    1. Naja, ich glaube Du vergleichst hier Äpfel mit Birnen.

      Der Riskioanteil bei einem Depot besteht ja eher aus Aktien oder anderen volatilen Produkten.

      Immobilien sind ja eher eher weniger Risikobelastet.
      Was spricht hier gegen eine Investition in ein MFH mit einer guten Rendite, EK Anteil von 10-20%?
      Das ist aber auch, glaube ich, eine Glaubensfrage. Der eine würde 100k diversifiziert in ETF anlegen, der andere damit 2-3 Immobilien kaufen.

  15. Immobilien zur Vermietung sind ein Business, dass man verstehen muss. Schließlich investiert man in der Regel nicht breit gestreut, sondern in einzelne (wenige) Objekte.
    Wenn man sich für dieses Business entscheidet, darf man sich dafür auch in einem angemessenen Maß verschulden. Von nichts kommt nichts. Hier muss ein Risiko eingegangen werden.

    Konsumschulden sind hingegen etwas völlig anderes. Die sind so schnell wie möglich zu tilgen bzw. gar nicht erst zu machen. Die selbst genutzte Immo zähle ich zu einem großen Teil auch zum Konsum. Hier geht es um Lifestyle und damit um andere Kriterien als bei einer Investition. Alles soll möglichst schön sein, so wie es einen gefällt und so dass man sich wohl fühlt. Und das kostet halt.

    @ Ursula
    Das Geld ist bei einer Investition immer “weg”. Es erwirtschaftet aber hoffentlich Rendite. In Deinem Fall ist die Rendite sicher.
    Im übrigen musst Du Deine Schulden früher oder später ohnehin tilgen. Die Frage ist nur “wann”. Und dass Du genügend Geld für Konsum und Notfälle zurückhalten solltest, versteht sich von selbst.

  16. Ich würde immer investieren. Und zwar weiter in Immobilien, da wird das EK gehebelt. Aus den lausigen 2-3 % Rendite kann da schnell eine schöne Nummer draus werden.
    Ausserdem diversifiziert man so innerhalb des Bestandes.

  17. Meine Situation:
    Zinsbindung: 10 Jahren
    Zinssatz: 2,35%
    Tilgung: 5,98%
    Sondertilgung: 5%
    Start der Sondertilgung erst ab dem 6. Jahr (war finanziell nicht möglich davor). Dann wird die Wochung am 10. Jahr voll bezahlt.

    Hätte ich die Beträge der Sondertilgung monatlich mit einer vierteljährliche Zinsperiode investiert, dann brauche ich eine netto Rendite (nach Kosten und Steur) i.H.v. 4,24%, um den gleichen ersparten Betrag zu erwirtschaften, vorausgesetzt keine Zinserhöhung bei der weiteren Finanzierung des Restbetrages nach Ablauf der Zinsbindung.

    Meine Entscheidung: sondertilgen! Aber nicht unbedingt bis zum letzten Jahr.

    1. Genau so wie Bidibidiba habe ich es auch gehalten.
      Bei meinem ersten Darlehen war die Höhe der Sondertilgung nicht begrenzt und ich habe unterjährig getilgt. Bei den nachfolgenden Darlehen für andere Immobilien ist dieser Fehler der Bank nicht wieder passiert.
      Mit dieser Strategie bin ich immer gut gefahren.
      Nach 10 Jahren (spätestens) Mieteinahmen generieren .
      Der letzte Artikel hier hat ja klar gemacht wie die Rendite im Vergleich ist.
      Da wurde meine Meinung wissenschaftlich bestätigt.

      Aber es kommt natürlich immer auf die persönliche Ausrichtung und Situation an.
      Wurde hier alles schon ausführlich beschrieben

    2. Kannst Du die Rechnung nochmal transparent machen? Dass Du bei einem Zinssatz von 2,35% auf eine rechnerische Vergleichsrendite von netto 4,24% wundert mich etwas. Nach Berücksichtigung von Steuern und Kosten sollte die näher am Kredit-Zinssatz liegen.

      1. Ich habe folgendes verglichen:
        – Normale Raten ohne Sondertilgung bis Ende der Laufzeit und 0 € Restschuld
        – Sondertilgungen 6x und damit eine verkürzte Laufzeit um 4,5 Jahren und 0 € Restschuld

        Ich “spare” mir somit zusätzlich die Zinsen für diese 4,5 Jahren.
        Das Risiko reduziert sich auch, da ich für diese 4,5 Jahren eine Anschlussfinanzierung benötigen würde.

  18. Danke für den Artikel und die Kommentare.
    Für meinen Teil kann man bei vermieteten Immobilien einen Kredit stehen lassen. Auch um die Rendite zu hebeln. Mein Faustformel ist dabei Zinsen = 1/3 der Einnahmen. Wenn einen Immobilie Nettomieteinnahmen vor Zinsen von 600 EUR im Monat bringt, sollten die Zinsen nicht mehr als 200 EUR ausmachen. Aufs Jahr gerechnet 2400 EUR bei 2% Zins könnte man also 120 000 EUR Kredit stehen lassen. Alles andere würde ich für den Seelenfrieden versuchen zu tilgen. Steigen die Mieten kann man die Immobilie stärker beleihen, steigen die Zinsen sollte man mehr tilgen. Aber bei der 1/3 Rechnung ist man eigentlich ziemlich sicher vor unvorhergesehen Ereignissen im Leben.

  19. Hallo Nico,

    schöner Artikel.

    Stefan hat vollkommen recht, Ursula sollte ihre selbstbewohnet Immobilie so schnell wie möglich tilgen. Die Zinsersparnis ist durch den Zinseszinseffekt enorm.

    Bei Immobilien Darlehen zu Investitionszwecke kommt es darauf an. Wenn man schon länger in Immobilien investiert, hat man auch kleinere Kredite, z.B. aus einen ehemaligen Bausparer oder aus Modernisierungs- oder Sanierungsdarlehen. Diese Darlehen werden meist viel schneller zurückgezahlt, die Tilgung ist höher, da es meist Volltilger sind, und rauben dadurch kostbaren Cashflow.

    In diesem Fall würde ich immer eine schnelle Rückzahlung bevorzugen um den Cashflow zu erhöhen, selbst wenn ich dadurch mehr Steuern zahle. Steuereffekte können sich sowieso immer ändern. Den größerem Cash Spielraum habe ich aber nachhaltig.

    Take care,
    June

    1. Steuern können sich natürlich ändern, aber der Grundsatz, dass Werbungskosten von Einnahmen abgezogen werden dürfen (genau das ist die Steuerwirksamkeit der Immo-Zinsen) besteht schon sehr lang und ist etwas völlig anderes als windige und vergängliche Steuerspar-Modelle, denen man auf keinen Fall aufsitzen sollte.

  20. Liebe Ursula und lieber Nico,

    wir müssen natürlich zwei Szenarien unterscheiden: Eigenheim (ich wohne selber in der Immobilie) und vermietet Immobilie (Investition) 😉 Während Ursula die Zinsen nicht steuermindernd einsetzen kann, kann Ceelow das wie beschrieben tun.
    Während Ursula selber Geld in ihre Immobilie bezahlt, erhält Ceelow (hoffentlich) nach allen Kosten (Kredit+Tilungsrate), Rücklagen, Nebenkosten UND Steuerabzug monatlich noch Geld aus seiner Investition.
    @Claudia: Private Schulden würde ich immer so schnell wie möglich tilgen. Zum einen, weil sie mir keinen monetären Geldrückfluss bescheren und zum anderen tatsächlich aus Seelenfrieden. Ich würde an Deiner Stelle nicht die angesparten Rücklagen am Finanzmarkt anlegen, sondern die Sondertilgungen abschließen.

    Ceelow wird über die Laufzeit noch einen anderen Effekt feststellen, den viele Personen bei Immobilieninvestitionen nicht sehen: Die Steuerlast steigt über die Jahre. Je mehr er tilgt, desto mehr Steuern muss er zahlen. Dieser Effekt tritt bei einem “normalen” Annuitätendarlehen einfach ein. Ohne Verbesserung der Miete oder anderen Rahmenbedingungen, kann man so nach anfänglichem, positiven Cashflow in einen negativen Cashflow “reinrennen”.

    Ein weiterer Aspekt: Das Eigenkapital, dass ich zur Sondertilgung einsetze, ist “weg” bzw. plötzlich von Liquidität zu Sachvermögen geworden und damit relativ schwer wieder flüssig zu machen (im Gegensatz zu Bargeld/Tagesgeld). Ohne Blick auf die Renditerechnung, bekomme ich bei dem Fakt Bauchschmerzen. Es raubt einem Anleger/Investor die Flexibilität (für neue Objekte, Investitionen in Aufwertungen von Immos und v.a. unvorhergesehene Sonderfälle). Das ist für mich der größte Nachteil von Sondertilgungen beim Kauf von Anlageimmobilien, gerade wenn man am Anfang der Reise steht.

    Der emotionale, ängstliche Part in mir rüttelt dennoch regelmäßig an meiner sachlichen Argumentation und gerade im weiteren Verlauf meines Lebens, ist schon das Ziel, dass die Immos auch irgendwann zu 100% mir gehören. Man schläft sicher ruhiger 😉

    1. Hallo Stefan,

      meiner Meinung nach hast du alles gesagt, was es zu dem Thema zu sagen gibt!

      Bisher bin ich nur Eigentümer einer vermieteten Immobilie und auch wenn mich die noch hohe Kreditsumme manchmal nervös macht (“Was wäre eigentlich wenn?”…) reiße ich mich zusammen die Soti-Option die es dazu gab nicht zu nutzen.
      Da ich irgendwann eine selbstgenutzte Eigentumswohnung haben möchte benötige ich den Cash im Moment sowieso eher zum EK Aufbau bzw. für meine monatlichen Sparpläne.
      Und sollte meine vermietete Wohnung doch mal länger leer stehen oder ein Schaden auftreten (den die Rücklage nicht abfedert), dann bin ich froh über die nicht geleistete Sondertilgung.

      1. Danke Dir!

        Erhalte Dir die Flexibilität der Liquidität. Vllt. brauchst Du sie, wenn zum Ende Deiner Zinsbindung, Dir diese weglaufen , d.h. sich erhöhen. Dann könntest Du tilgen, um das abzufangen und entsprechend eine niedrigere Darlehenssumme, die Du im Anschluss finanzieren musst.

        Es gäbe auch die Möglichkeit die Tilgung nicht an die Bank, sondern in einen Tilgungsersatz zu zahlen, z.B. in einen Fond. Deine Tilgungsrate wird angelegt, du zahlst immer den gleichen Zinsbetrag (weil Du ja nichts tilgst) und Deine Steuerlast erhöht sich nicht. Gleichzeitig investierst Du langfristig in den Aktienmarkt und löst mit einem hoffentlich im Wert gestiegenen Portfolio Dein Darlehen zum Ende der Laufzeit ab. Mache ich selber aber auch (noch) nicht. Solche Konstrukte bei den ersten Immobilien zu nutzen fühlt sich eben auch etwas “unsicher” an, obwohl hier ja viele via ETF in Aktien investieren 😉

        1. Das sehe ich etwas kritisch. Anlagen in Aktien sind aufgrund der Schwankung grade nicht geeignet für die Anlage von Geld, dass man zu einem festen Zeitpunkt (hier: Rückzahlung des ersten Darlehens) benötigt. Wenn die Märkte nachgeben, ist man gezwungen, zur Unzeit zu verkaufen. Das will man nicht.

  21. Interessante Frage.

    Ich habe diesen Monat mein zinsloses Darlehen für das Studium zurück bezahlt. Ich hätte es noch drei Jahre behalten können. Dumm oder? Naja, ich möchte aber damit gerne weitere Studierende unterstützen.

    Grundsätzlich bin ich gegen Schulden, das ist bei mir aber eher emotional. Denn wenn ich mit dem Geld in der Zwischenzeit mehr einnehmen kann als ich an Zinsen bezahlen muss, würde ich ein Plus machen, korrekt? Trotzdem habe ich lieber keine Schulden und arbeite mit dem Geld das ich habe. Ich mag irgendwie auch die Idee nicht auf Margin zu handeln / traden.

  22. Interessanter Beitrag. Diese Frage stelle ich mir auch öfters, und ich wohne sogar selbst in meiner Immobilie…der Kredit läuft bis zum Ende mit einem Effektivzins von 1,9%. Das heißt, wenn ich was Sondertilge, habe ich die 1,9% sicher….allerdings hält mich ein Aspekt davon ab: das Geld ist unwiederbringlich weg. Ich kann es nicht – in einem wie auch immer gearteten Notfall – wieder “zurückholen” wie es bei einer Investition durchaus möglich ist (je nachdem mit mehr oder weniger Verlust)..

    Ich habe inzwischen ein gewissen finanzielles Polster erarbeitet…zögere aber immer noch, etwas davon in Sondertilgungen zu stecken, denn dann ist das Geld “weg”. Was sagst Du zu diesem Aspekt?

    1. Das Geld ist natürlich erstmal “weg”. Es gibt aber die Möglichkeit einer Kapitalbeschaffung auf eine finanzierte Immobilie, wenn die Beleihung nicht zu hoch ist. Damit kann man sich Liquidität zurückholen. Das dauert allerdings natürlich etwas und wenn man erstmal in finanziellen Schwierigkeiten ist und das Geld braucht, ist unter Umständen genau der Punkt erreicht, an dem man keine Kapitalmaßnahme bei der Bank mehr durchbekommt. Wenn man ohne Not Geld benötigt, ist das jedoch grundsätzlich möglich.

      Hier mal der erste Google-Treffer ohne Wertung oder sonstiges zur Info:
      http://www.baufinanz-mv.de/kapitalbeschaffung-fuer-hausbesitzer.html

      Gruß
      Carlos

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